Das EEG sollte neue Anlagen weiterhin für ihre Arbeit (pro generierter Kilowattstunde) vergüten und nicht für ihre Leistung (pro installiertem Kilowatt).
Das Vergüten der Arbeit während des Betriebs ist essentiell für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Der Umstieg auf eine Leistungsvergütung verlangsamt den EE-Ausbau, macht Erneuerbare und den Strom insgesamt teurer und stellt kleine Projektentwickler*innen schlechter. Die Vergütung pro Kilowattstunde ist der Grund, warum in Deutschland weiterhin erneuerbare Energien viel günstiger zugebaut werden als man im internationalen Vergleich auf Basis von Deutschlands mittelmäßigen Wetterbedingungen (Wind, Sonne) erwarten würde.
Leistungsvergütung macht die Erneuerbaren teurer als sie sein müssten
Wind- und Solarenergie sind in Deutschland so erfolgreich, da Deutschland sehr gute Finanzierungsbedingungen für diese kapitalintensiven Technologien aufweist. EE-Projekte können häufig zu 90-95% mit günstigem Fremdkapital finanziert werden. Das ist Weltspitze und liegt zu einem sehr großen Teil an der Arbeitsvergütung des EEG. Die Erlöse der Projektentwickler*innen werden weitgehend abgesichert. Zahlt man den Projektentwickler*innen stattdessen einen Betrag pro Leistung, so sind die Einkünfte im Betrieb unsicher, da sie mit dem Strompreis schwanken. Hoffen die Projektierer*innen einfach nur auf hohe Strompreise im Betrieb, vertrauen die Banken da nicht drauf, so dass die Projektierer*innen teures Eigenkapital anstatt Fremdkapital nutzen müssen. Eigenkapital nimmt höhere Risiken in Kauf, aber dafür benötigt es auch eine höhere Rendite. Dies erhöht die Finanzierungskosten und macht die Erneuerbaren teurer. Dieser Effekt ist bei Solar- und Windenergie besonders dramatisch, da sie -im Gegensatz zu Gas- und Kohlestrom – besonders kapitalintensiv sind. Ihre Kosten hängen maßgeblich an ihre Finanzierungskosten.
Auch private Stromabnahmeverträge (Power Purchase Agreements, PPAs) können dies nicht annähernd ausgleichen: Bei ihnen bestehen immer noch weitgehende Risiken (Bankrott der Gegenseite, Neuverhandlungen bei fallenden Strompreisen, kürzere Laufzeiten), wodurch auch bei PPAs die Finanzierungskosten um einige Prozentpunkte über den Finanzierungskosten des EEG-mit-Arbeitsvergütung liegen. Nur das EEG mit einer Vergütung der Arbeit, pro Kilowattstunde, stellt sicher, dass wir erneuerbare Energien so günstig wie möglich ausbauen können. Dies ist essentiell für die Akzeptanz der Energiewende, das Nutzen von EE-Strom für die Sektorenkopplung und für die Dekarbonisierung der Industrie.
Leistungsvergütung bremst den Ausbau der Erneuerbaren
Der Bau neuer Anlagen würde bei Leistungsvergütung schwieriger und langsamer. Projektierer*innen hätten große Unsicherheiten über ihre Erlöse. Um diese etwas zu begrenzen, benötigen sie PPAs mit Unternehmen, die ihnen den Strom langfristig abkaufen. Jedoch können in der Regel nur große, finanzstarke Unternehmen in größerem Umfang PPAs abschließen. Mit jedem längerfristigen PPA übernehmen nämlich diese Unternehmen auf der Abnehmerseite die Strompreisrisiken (tun sie das nicht, senkt der PPA wiederum die Finanzierungskosten für die Projektentwickler*innen nicht signifikant). Nur große Unternehmen (die großen Energieversorger, große IT-Unternehmen, ...) können PPAs in signifikantem Umfang abschließen, da sie ansonsten ihnen selber aufgrund der Strompreisiken ihre Bonität von den Ratingagenturen runtergestuft wird. Deshalb ist der Ausbau über PPAs stark begrenzt und reicht nicht annähernd, um Energiewende und Klimaneutralität zu erreichen.
Schlechterstellung von Bürger*innengesellschaften
Bei der Vergütung pro Kilowattstunde benötigen Projektentwickler*innen nicht viel Eigenkapital, sondern können sich viel Fremdkapital leihen. Das macht auch kleine Bürger*innengesellschaften, zumindest was die Finanzierung betrifft, wettbewerbsfähig. Die Leistungsvergütung würde hingegen viel mehr Eigenkapital benötigen, da die Einkünfte zu risikoreich für „risikoscheues“ Fremdkapital sind. Kleine Unternehmen haben aber in der Regel viel weniger „risiko-averses“ Eigenkapital als große Unternehmen. Die Leistungsvergütung würde also den Trend noch weiter verstärken, dass nur große Unternehmen in Erneuerbare investieren können. Neben niedrigerer lokaler Akzeptanz kann das so weit gehen, dass der Wettbewerb zwischen den Unternehmen sinkt – die vielen kleinen Unternehmen sind ja außen vor – und die verbleibenden Unternehmen höhere Vergütungen pro Leistung verlangen können.
Ineffizienter Betrieb und dadurch schlechtere Sektorenkopplung
Die Leistungsvergütung schwächt die Anreize, viel Strom zu generieren. Die Arbeitsvergütung pro Kilowattstunde stellt sicher, dass Betreiber*innen von EE-Anlagen volle Anreize haben, so viel Strom wie möglich zu produzieren – und zwar mindestens 20 Jahre lang. Die Vergütung über 20 Jahre stellt sicher, dass bei Betreiber*innen in die Wartung und Reparatur der Anlagen investieren. Bei der Leistungsvergütung besteht die Gefahr, dass Projektentwickler*innen Projekte entwickeln, die Vergütung erhalten, und falls dann nach einigen Jahren Reinvestitionsbedarf besteht, diese Investitionen nicht mehr tätigen und die Anlagen verkümmern lassen.
Quellen, u.a.
Egli et al, 2019, Nature Energy, „Learning in the financial sector is essential for reducing renewable energy costs”, https://www.nature.com/articles/s41560-019-0482-3?proof=t
Egli et al, 2019, Nature Energy, "A dynamic analysis of financing conditions for renewable energy technologies", https://www.nature.com/articles/s41560-018-0277-y?proof=t
Aurora Energy Research, 2019, https://www.strommarkttreffen.org/2019-01_Baum_Who_can_best_carry_the_risk_of_the_future_Energiewende.pdf
DIW Berlin, 2019, Private langfristige Stromabnahmeverträge (PPAs) für erneuerbare Energien: kein Ersatz für öffentliche Ausschreibungen, https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.677983.de/diw_aktuell_22.pdf
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