Antrag: | BTW Programmentwurf |
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Antragsteller*in: | Julia Verlinden (KV Lüneburg) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 31.03.2021, 15:53 |
Ä99 zu A1: BTW Programmentwurf
Antragstext
Von Zeile 386 bis 388 einfügen:
ermög- lichen wir auch Empfänger*innen von Wohngeld, in klimafreundlichen Wohnungen zu leben. Die Lenkungswirkung des CO2-Preises im Wärmesektor verbessern wir, indem die Entscheider*innen für Klima-Investitionen am Gebäude diesen CO2-Preis zahlen: die Eigentümer*innen. Eigenheimbesitzer*innen werden wir mit Steuervergünstigungen und zielgerichteten Förder- programmen helfen.
LEBENSGRUNDLAGEN SCHÜTZEN
Die Klimakrise ist die Existenzfrage unserer Zeit. Daher ist Klimaschutz keine
Zukunftsaufgabe, sondern Klimaschutz ist jetzt. Wenn wir zu Beginn dieses
Jahrzehnts konsequent handeln und die sozial-ökologische Transformation
einläuten, können wir die Krise noch stemmen. Klimaneutrali- tät ist dabei eine
große Chance für höhere Lebensqualität, mehr soziale Gerechtigkeit und einen
klimagerechten Wohlstand. Sie gilt es zu ergreifen.
Wir haben in den vergangenen Jahren mit Hitzesommern, Waldsterben und Dürren die
Vorboten der Krise gespürt. Sie haben dramatische Konsequenzen: etwa für die
Gesundheit der Menschen – und es sind vor allem die mit den geringsten
Einkommen, die den Preis dafür zahlen, dass der ökologische Fußabdruck der
Reichsten am größten ist. Oder für die Bäuerinnen und Bauern, denen zunehmend
die Grundlage entzogen wird. Und für den Zusammenhalt in unserer Gesell- schaft.
Alle diese Folgen werden sich vervielfachen, wenn wir jetzt nicht umsteuern. Je
entschie- dener wir handeln, desto mehr Freiheiten und Alternativen sichern wir
für jetzige und künftige Generationen. Wir werden deshalb konsequent den Weg zur
Klimaneutralität gehen.
Das verlangt Können, Mut und Machen. Wir stellen in einer künftigen Regierung
das Pariser Kli- maabkommen in den Mittelpunkt und richten das Handeln aller
Ministerien danach aus. Wir len- ken all unsere Kraft darauf, Maßnahmen auf den
Weg zu bringen, die uns auf den 1,5-Grad-Pfad führen. Klimaschutz ist eine Frage
des politischen Kanons. Wir begreifen es als unsere Aufgabe, bessere Regeln zu
schaffen, nicht den besseren Menschen. Solch klare politische Ordnungsrah- men
entlasten auch uns als Menschen im Alltag und schaffen Freiheit.
Natürlich bedeutet Klimaneutralität Veränderung, aber diese Veränderung schafft
Halt in der Zukunft. Wir bringen Energie, Wärme, Verkehr und Industrie zusammen
und sorgen so für eine effiziente Verzahnung dieser Bereiche. Statt auf Kohle,
Öl und fossilem Gas wird das Energiesys- tem auf Sonnen- und Windenergie
basieren. Statt an fossilen Verbrennungsmotoren festzuhalten, schaffen wir eine
neue Mobilität mit E-Autos, der Bahn oder dem Rad. Statt Ölheizungen werden
Wärmepumpen, Power-to-Heat und Strom aus erneuerbaren Energien die Heizquellen
der Zu- kunft. Die Zukunft wird damit leiser, sauberer und gesünder. Weniger
Autos in der Stadt bedeuten mehr Platz für uns Menschen. Leisere Straßen und
saubere Luft dienen besonders jenen, die sich nicht die Villa am ruhigen
Stadtrand leisten können. Mehr Angebote an klima- und umwelt- freundlichen
Verkehrsmitteln, zum Beispiel Rufbusse oder Carsharing, erleichtern zu pendeln
und befördern ein gutes Leben auf dem Land.
Mit dieser großen Veränderung entstehen neue Geschäftsfelder, neue
Industriezweige, neue Ar- beitsplätze. Andere Bereiche werden sich wandeln,
einige völlig neu entstehen, wieder andere verschwinden. Für viele Menschen ist
das auch eine große Herausforderung, ja Zumutung. Die sozial-ökologische
Transformation gelingt nur, wenn wir gemeinsam alles dafür tun, Verluste zu
verringern und Brücken zu bauen. So müssen diejenigen, die neue Chancen oder
Weiterbildung brauchen, sie auch bekommen. Und es ist unsere Aufgabe, Sorge
dafür zu tragen, dass die Kosten und Belastungen dieser Veränderung gerecht
verteilt sind. Klimagerechter Wohlstand bedeutet Ökologie und Soziales
zusammenzudenken und den Übergang gut zu gestalten: für Menschen in der Stadt
und auf dem Land. Für die Handwerkerin wie für den Stahlarbeiter.
Wenn wir unsere Lebensgrundlagen schützen wollen, wenn wir auch die zweite große
ökologi- sche Krise, das Artensterben, eindämmen wollen, dann bedarf es mehr als
einer Kurskorrektur, dann brauchen wir einen neuen Kurs. Wir machen die
planetaren Grenzen zum Leitprinzip unse- rer Politik und verändern entsprechend
die Wirtschaftsweise. Wir setzen Prioritäten. Von jetzt an wird belohnt und
gefördert, was Mensch und Tier, Klima und Natur schützt. Und was zerstöre- risch
wirkt, muss dafür auch die Kosten tragen und Schritt für Schritt überwunden
werden. Indem wir den Schutz der Meere und Gewässer, des Klimas und der Böden,
der Tiere und der Pflanzen zum Bestandteil unseres Wirtschaftssystems machen,
kann es gelingen, die Stabilität der Öko- systeme und unserer Lebensgrundlagen
zu gewährleisten. Und damit auch unsere Grundlagen für ein gutes und friedliches
Zusammenleben.
Wir schaffen klimagerechten Wohlstand
Mehr Lebensqualität durch Klimaneutralität
Der Weg in die Klimaneutralität bietet riesige Chancen auf mehr Lebensqualität:
Städte mit weniger Staus und Abgasen, mit Platz, um sicher Rad zu fahren und zu
Fuß zu gehen, zu spielen und zu leben. Dörfer, die endlich angebunden sind an
den öffentlichen Nahverkehr. Wälder, in denen auch unsere Kinder noch die
Schönheit der Natur entdecken können. Ge- sundes Essen, hergestellt unter
Wahrung von Tier- und Umweltschutz. Klimaschutz ist so viel mehr als reine
Technik, er ist der Weg in eine bessere Zukunft. Überall in Deutschland haben
sich Kommunen, Unternehmen, Initiativen und Bewegungen längst auf diesen Weg
begeben. Sie brauchen endlich Rückenwind von der Politik. Wir wollen Kommunen
befähigen, bei sich die Mobilitätswende voranzubringen. Die Bahn und den ÖPNV
machen wir fit für dieses Jahr- hundert. Wir sorgen für den Erhalt unserer
wertvollen Wälder, Moore und Flüsse. Und wir be- gründen einen
Gesellschaftsvertrag zwischen Politik, Landwirt*innen und Verbraucher*innen.
Die Energierevolution: erneuerbar heizen, wohnen, wirtschaften
Klimaneutralität heißt: raus aus den fossilen Energien. Nicht nur der Strom,
auch das Benzin in unseren Autos, das Kerosin im Flugzeugtank, das Öl für die
Heizung und das Gas im Industrie- betrieb müssen auf erneuerbare Energien
umgestellt werden. Das ist nichts weniger als eine Energierevolution. Dazu
braucht es zuallererst eine massive Ausbauoffensive für die Erneuer- baren.
Daran hängt die Zukunft unseres Industriestandortes und unsere
Versorgungssicherheit. Mit einer umfassenden Steuer- und Abgabenreform wollen
wir dafür sorgen, dass die Sekto- renkoppelung vorankommt und Strom zu
verlässlichen und wettbewerbsfähigen Preisen vor- handen ist. Das
Energiemarktdesign ändern wir, sodass erneuerbarer Strom nicht länger aus-
gebremst und doppelt belastet wird, sondern für Speicher und die Produktion von
Wärme oder Wasserstoff nutzbar gemacht wird – nach dem Prinzip „nutzen statt
abschalten“. Verteilnetze und Verbraucher*innen statten wir mit intelligenter
Technik aus, damit sie flexibel reagieren können, wenn gerade viel erneuerbarer
Strom produziert wird.
Ein Ordnungsrahmen für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft
Wir müssen unsere Wirtschaft auf die Ziele der Klimaneutralität ausrichten und
eine Kreislauf- wirtschaft etablieren. Den wirtschaftlichen Aufbruch nach der
Corona-Krise und die ökologische Modernisierung wollen wir zusammenbringen. Dazu
braucht es eine sozial-ökologische Neubegründung unserer Marktwirtschaft. Wir
wollen mit ehrgeizigen Vorgaben in Form von Grenz- werten, CO2-Reduktionszielen
und Produktstandards der deutschen und europäischen Wirtschaft
Planungssicherheit geben und Impulse für neue Investitionen setzen. Faire Preise
sorgen dafür, dass sich klimagerechtes Handeln lohnt. Forschung und Innovationen
für klimagerechtes Wirt- schaften wollen wir stärker fördern. Die öffentliche
Beschaffung richten wir konsequent auf die ressourcenschonendsten Produkte und
Dienstleistungen aus. So machen wir unsere Wirtschaft zum Spitzenreiter bei den
modernsten Technologien und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen.
Grüne Digitalisierung
Ob vernetzte Fahrzeuge, effiziente Industrie, punktgenaue Verteilung
regenerativer Energie oder intelligente Bewässerung auf Feldern: Mit digitalen
und datengetriebenen Innovatio- nen können wir den Energie- und
Ressourcenverbrauch besser reduzieren und bei Zukunfts- technologien führend
werden. Hierzu fördern und priorisieren wir digitale Anwendungen und Lösungen,
die einen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten oder nachhaltiger sind als ana-
loge. Rebound-Effekte gilt es zu vermeiden, Suffizienz zu unterstützen.
Ausschreibungs- und Beschaffungskriterien sind so anzupassen, dass möglichst
ökologisch nachhaltige Technolo- gien vorrangig zum Einsatz kommen. Bei IT-
Beschaffungen des Bundes müssen Faktoren wie Herstellerabhängigkeit,
Folgebeschaffung, technische Offenheit, Reparaturfähigkeit und Nach- haltigkeit
zwingend in die Bewertungen einfließen und Zertifizierungen wie der Blaue Engel
für IT-Produkte zum Standard werden. Wir wollen alle Rechen- und Datencenter des
Bundes nachhaltig umstellen, mit erneuerbarer Energie betreiben und
zertifizierte umweltfreundliche Hardware einsetzen.
Neue Arbeitsplätze mit guten Bedingungen
Eine ambitionierte Klimaschutzpolitik und der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft
sind die beste Chance, um bestehende Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten
und neue zu schaffen. Die ökologische Modernisierung stärkt die
Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen und kann zur einer Renaissance von
Industriearbeitsplätzen führen. Auf dem Weg zur Klima- neutralität werden in den
kommenden Jahren Hunderttausende neue Jobs entstehen – Green Jobs. Sie entstehen
im Handwerk und der Bauwirtschaft, in neuen Industriebereichen und der
Kreislaufwirtschaft, in der Batteriezellenproduktion und der
Wasserstoffindustrie sowie in neu- en Dienstleistungsfeldern. Unser Anspruch
ist, dass die neuen Jobs gut bezahlt und tarifver- traglich organisiert sind
sowie der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen. Darauf werden wir auch bei
der Förderung von neuen Wirtschaftsfeldern achten.
Sicher im Wandel mit einem Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld
Wir sehen es als unsere Verpflichtung, Unternehmen und ihre Beschäftigten auf
dem Weg hin zu einem klimaneutralen Wirtschaftssystem zu unterstützen. Gerade
auch dort, wo sich Jobprofile grundlegend verändern oder Arbeitsplätze verloren
gehen. Es braucht in der ökologischen Trans- formation ein noch viel besseres
Angebot an Weiterbildung und Qualifizierung. Dazu wollen wir ein Recht auf
Weiterbildung einführen und mit einem Weiterbildungsgeld auch für Erwerbstäti-
ge in Qualifizierungsphasen eine soziale Absicherung schaffen. Mit einem
Qualifizierungs-Kurz- arbeitergeld ermöglichen wir Unternehmen, in Phasen der
Transformation ihre Beschäftigten im Betrieb zu halten und nachhaltig zu
qualifizieren. Die Qualifizierungs-Kurzarbeit koppeln wir eng an die
Sozialpartnerschaft. Zudem wollen wir die betriebliche Mitbestimmung bei
Entscheidun- gen über die ökologische Transformation stärken. Unternehmen,
Gewerkschaften und Betriebs- räte wissen gemeinsam am besten, wie die
Transformation zu gestalten ist.
Transformationsfonds für die Regionen
Die ökologische Modernisierung ist gerade für viele industriell geprägte
Regionen eine große Herausforderung. Um Regionen und insbesondere die dort
ansässigen kleinen und mittleren Unternehmen zu unterstützen, wollen wir
regionale Transformationsfonds auflegen. Die För- derung richtet sich an
Unternehmen, die aus eigener Kraft den ökologischen Strukturwandel nicht
bewältigen können, mit ihrem Standort aber fest in der Region verankert sind und
dort bleiben wollen. Regionale Akteure aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und
Gewerkschaften sollen eingebunden werden und gemeinsame Visionen erarbeiten, wo
die Region sozial und wirtschaftlich in Zukunft stehen sollte. Gleichzeitig
wollen wir neue Formate wie Reallabo- re und Experimentierräume fördern, in
denen Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Kommunen gemeinsam an
Lösungen für Herausforderungen vor Ort arbeiten und forschen.
Klimaschutz-Sofortprogramm auflegen
Zentrale Grundlagen unserer Politik sind das Klimaabkommen von Paris sowie der
Bericht des Weltklimarates zum 1,5-Grad-Limit, der verdeutlicht, dass jedes
Zehntelgrad zählt, um das Über- schreiten von relevanten Kipppunkten im
Klimasystem zu verhindern. Es ist daher notwendig, auf den 1,5-Grad-Pfad zu
kommen. Dafür ist unmittelbares und substanzielles Handeln in den nächsten
Jahren entscheidend. Doch aktuell lahmt der Ausbau der erneuerbaren Energien,
der Kohleausstieg kommt zu spät, im Verkehrs- und Gebäudesektor geht es kaum
voran. Wir werden ein Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg bringen, das in
allen Sektoren sofort wirksame Maßnahmen anstößt, bestehende Ausbauhindernisse
beseitigt, naheliegende Einsparmöglich- keiten umsetzt. Wir werden das
ungenügende Klimaschutzgesetz und den Klimaschutzplan überarbeiten und – im
Einklang mit dem höheren neuen europäischen Klimaziel – das deutsche Klimaziel
2030 auf -70 Prozent anheben. Nur so kann es gelingen, dass wir Europäer*innen
deutlich vor Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden.
Klimagerechtes Wirtschaften belohnen
Effektiver und sozial gerechter Klimaschutz muss sich auch ökonomisch lohnen. Da
derzeit die Kosten der Schäden, die durch den Ausstoß einer Tonne CO2 entstehen,
nur sehr gering eingepreist werden, sind klimafreundlichere Alternativen oftmals
noch nicht wettbewerbsfähig. Das wollen wir durch einen klugen Mix aus CO2-
Preisen, Anreizen und Förderung sowie Ordnungs- recht ändern. Wollte man die
Klimaziele allein über die Bepreisung von CO2 erreichen, müsste der Preis 180
Euro betragen, was unweigerlich zu erheblichen sozialen Unwuchten führen wür-
de. Einige könnten sich rauskaufen, andere nicht mehr teilhaben. Wir sehen in
der CO2-Beprei- sung also ein Instrument von vielen, das wir wirksam und sozial
gerecht einsetzen wollen. Das Europäische Emissionshandelssystem (ETS) ist im
Lichte des neuen EU-Klimaziels für 2030 zu reformieren, um seine Lenkungswirkung
endlich voll und ganz zu erfüllen. Mit einer deutlichen Reduzierung von
Emissionszertifikaten und der Löschung überschüssiger Zertifikate vom Markt
erreichen wir einen CO2-Preis im Bereich Strom und Industrie, der dafür sorgt,
dass erneuerbare Energie statt Kohlestrom zu Einsatz kommt. Sollte das auf
europäischer Ebene nicht schnell ge- nug gelingen, setzen wir auf einen
nationalen CO2-Mindestpreis im ETS für Industrie und Strom. Für die Bereiche
Verkehr und Wärme wurde in Deutschland auf Druck der Klimabewegung und von uns
Grünen zudem ein CO2-Preis eingeführt, dessen Lenkungswirkung aber weiter
verbes- sert werden muss. Wir wollen die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro
auf das Jahr 2023 vor- ziehen. Danach soll der CO2-Preis so ansteigen, dass er
im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorgaben die
Erfüllung des neuen Klimaziels 2030 absichert.
Energiegeld einführen
Damit Klimaschutz sozial gerecht ist, wollen wir die Einnahmen aus dem CO2-Preis
direkt an die Bürger*innen zurückgeben. Dazu streben wir neben der Senkung der
EEG-Umlage ein Ener- giegeld an, das jede*r Bürger*in erhält. Über das
Energiegeld geben wir alle zusätzlichen CO2- Einnahmen an die Menschen zurück,
und zwar fair aufgeteilt pro Kopf. So kann man mit Kli- maschutz Geld verdienen
und es findet ein sozialer Ausgleich im System statt. Unterm Strich werden so
Geringverdiener*innen und Familien entlastet und vor allem Menschen mit hohen
Einkommen belastet. Bezieher*innen von Transferleistungen wie Arbeitslosengeld
II oder So- zialhilfe profitieren ebenfalls, da das Energiegeld nicht auf die
Grundsicherung angerechnet werden soll. Um zum Beispiel Pendler*innen mit
niedrigen Einkommen bei der Anpassung zu unterstützen, legen wir einen Fonds für
Transformationszuschüsse auf, der mit großzügigen Hilfen unterstützt, etwa beim
Umstieg auf ein emissionsfreies Auto.
CO2-Bremse für alle Gesetze
Wir wollen Klimaschutz systematisch in unserer Rechtsordnung aufnehmen. Die
Vorgaben des Pariser Klimavertrages wollen wir im Grundgesetz verankern und dem
Staat mehr Möglich- keiten geben, durch eine intelligente Steuergesetzgebung
klimaschonendes Verhalten zu be- lohnen und die fossilen Energieträger den
wahren Preis zahlen zu lassen. Für Genehmigungs- prozesse führen wir eine
Klimaverträglichkeitsprüfung ein. Mit einer CO2-Bremse machen wir Klimaschutz
zur Querschnittsaufgabe, indem wir Gesetze an ihrer Vereinbarkeit mit den natio-
nalen Klimaschutzzielen messen und ihre Klimawirkung entsprechend prüfen.
Wir schaffen Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren
Schneller raus aus der Kohle
Nach dem Willen der Großen Koalition werden in Deutschland Kohlekraftwerke noch
bis 2038 dem Klima und unserer Gesundheit schaden. Das ist mit den Klimazielen
nicht vereinbar. Wir setzen uns dafür ein, den Kohleausstieg bis 2030 zu
vollenden. Um nicht erneut den Kohle- konzernen Milliarden an Steuergeldern zu
schenken, wollen wir die massiven Klimaschäden der Kohleverstromung einpreisen.
Das ist am sinnvollsten über den EU-Emissionshandel zu regeln – mit einem
lenkenden CO2-Preis, der dem neuen EU-Klimaziel entspricht. Ein beschleunigter
Kohleausstieg bedarf im Sinne der Versorgungssicherheit eines massiven Ausbaus
der erneu- erbaren Energien. Zugleich wollen wir für den Gesundheitsschutz die
Grenzwerte für Immis- sionen, insbesondere Quecksilber, aus Großfeuerungsanlagen
anheben. Niemand soll mehr für einen Tagebau sein Zuhause verlassen müssen.
Auf jedes neue Dach eine Solaranlage
Wir wollen eine Energiewende, bei der alle mitmachen können – Mieter*innen wie
Hausbesit- zer*innen. Unsere Dächer können zu Kraftwerken werden – jedes Dach
mit Solaranlage hilft dem Klimaschutz. Die eigene Strom- und Wärmeenergie wird
dezentral und vor Ort erzeugt und genutzt. Unser Ziel sind 1 Million neue
Solardächer in den kommenden vier Jahren. Des- halb werden wir Solardächer
fördern und zum Standard machen. Beginnend mit Neubauten, öffentlichen und
Gewerbegebäuden sowie Dachsanierungen wollen wir diesen Standard per-
spektivisch auf den Bestand ausweiten. Leasing- und Pachtmodelle können hier
unterstützend wirken. Die Mieterstrom-Regeln werden wir deutlich vereinfachen.
Mit allen diesen Maßnahmen schaffen wir eine Verdoppelung der derzeitigen
Photovoltaik-Zubaurate.
Photovoltaik in die Fläche bringen
Die Photovoltaik wollen wir nicht nur auf die Dächer, sondern auch in die Fläche
bringen. Neue Flächenkonkurrenzen wollen wir dabei vermeiden. Der Ausbau soll
neben Autobahnen und Schienen auf versiegelten Flächen, etwa über Parkplätzen
und Brachen und auf Konversions- oder Bergbauflächen, erfolgen und nicht auf
wertvollem Ackerland. Agri-Photovoltaikanlagen, d. h. Stromproduktion und
landwirtschaftliche bzw. gartenbauliche Nutzung auf einer Fläche, können einen
wichtigen Beitrag für Klimaschutz und Ökologie leisten. Wenn man es richtig
anstellt, können Freiflächen-Anlagen zu kleinen Biotopen werden.
Landwirtschaftsbetriebe sollen für ökologische Leistungen Geld erhalten und so
zusätzliche Erträge erzielen. Wichtig zudem ist die Möglichkeit, direkte
langfristige Stromlieferverträge abschließen zu können. Bei der Planung gilt es
die Bürger*innen frühzeitig einzubeziehen und zu beteiligen, von den Er- lösen
müssen die Kommunen profitieren.
Mit Windenergieausbau den Wirtschaftsstandort Deutschland sichern
Auch beim Ausbau der Windkraft müssen wir schneller vorankommen. Unser Ziel ist
ein jährlicher Zubau von 5 bis 6 GW Wind an Land, bei Wind auf See wollen wir 35
GW bis 2035 erreichen. Beim Windausbau gilt es den Konflikt mit Natur- und
Artenschutz zu minimieren, Anwohner*innen zu schützen und die Verfahren zur
Genehmigung zu beschleunigen. In einem ersten Schritt wollen wir die
erneuerbaren Energien als zwingend für die Versorgungssicherheit definieren und
dafür 2 Pro- zent der Fläche bundesweit nutzen. Alle Bundesländer haben hierfür
ihre entsprechenden Beiträge zu leisten. Verhinderungsplanungen, etwa über
exzessive Mindestabstände zu Siedlungen, müssen der Vergangenheit angehören. Mit
frühzeitiger Bürger*innenbeteiligung, klaren Vorrang- bzw. Eig- nungsgebieten
für Wind sowie mit Ausschlussgebieten sorgen wir für eine anwohner*innenfreund-
liche und naturverträgliche Standortwahl und stärken den Populationsschutz bei
Vögeln. Wir wer- den die Planungs- und Genehmigungsverfahren durch vereinfachte
Verfahren, mehr Personal und einheitliche Bewertungsmaßstäbe beschleunigen.
Repowering wollen wir erleichtern, sodass alte Windenergieanlagen am gleichen
Standort zügig durch leistungsstärkere ersetzt werden können. Wir bauen unsere
Offshore-Parks weiter aus und verbinden sie in der Europäischen Energieunion mit
den Solarparks der Mittelmeerstaaten, mit der Wasserkraft Skandinaviens und der
Alpen. Je ver- netzter, desto stärker. Ein Kontinent ist für die Energiewende
eine gute Größe.
Unsere Energieinfrastruktur klimaneutral machen
Klimaneutralität in weniger als 30 Jahren heißt, dass die eine fossile
Infrastruktur nicht einfach durch eine andere fossile Infrastruktur ersetzt
werden darf. Die Planung unserer Infrastruktur für Strom, Wärme und Wasserstoff
braucht daher ein Update und muss Klimaneutralität in den Mit- telpunkt stellen.
Neue Gaskraftwerke oder Infrastrukturen, die wir für den Kohleausstieg brau-
chen, darf es deshalb nur geben, wenn sie bereits Wasserstoff-ready geplant und
gebaut werden. Denn auch Erdgas ist ein klimaschädlicher Brennstoff,
insbesondere wenn man die zusätzlichen Emissionen bei seiner Förderung und dem
Transport mit einrechnet. Öffentliche Gelder für neue Import-Infrastruktur
wollen wir daran binden, dass die fossilen Energieträger darüber nur noch in
einem begrenzten Zeitrahmen transportiert werden. Neue Erdgas-Pipelines wie Nord
Stream 2 zementieren auf Jahrzehnte Abhängigkeiten von klimaschädlichen
Ressourcen und konterkarie- ren die Energiewende. Sie sollten daher – im
konkreten Fall von Nord Stream 2 – auch aus geo- politischen Gründen gestoppt
werden. Damit stärken wir unsere energiepolitische Souveränität.
Eine grüne Wasserstoffstrategie
Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ist zentral für eine klimaneutrale Welt.
Deutschland ist bei den Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff vorne, diese
Führungsrolle wollen wir weiter ausbauen. Mit einer klaren Priorisierung und
einem umfassenden Förderprogramm wer- den wir die Kapazitäten zur
Wasserstoffherstellung in Deutschland schaffen. Die Infrastruktur für
Wasserstoffimporte müssen wir jetzt etablieren. Wir werden faire Kooperationen
mit wind- und sonnenreichen Ländern anstoßen und ausbauen, um zusätzlich
Wasserstoff zu importieren. Für den Erfolg dieser Kooperationen ist es
unabdingbar, die lokale Bevölkerung einzubeziehen, Menschenrechte zu schützen
und sich an den nachhaltigen Entwicklungszielen zu orientieren. Damit
Wasserstoff zur Klimaneutralität beiträgt, muss er aus erneuerbaren Energien
hergestellt werden. Das gilt auch für Wasserstoffimporte. Die Vorstellung, alte
fossile Technologien wie Ver- brennungsmotoren mit Wasserstoff oder
synthetischen Kraftstoffen zu betreiben, ist bestenfalls eine Illusion,
schlimmstenfalls eine Verzögerungstaktik. Die Herstellung von Wasserstoff und
synthetischen Kraftstoffen ist extrem energieintensiv und teuer, die direkte
Nutzung von Strom durch Batterien oder Wärmepumpen viel effizienter. Es gilt
daher Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe dort zum Einsatz zu bringen, wo
sie wirklich gebraucht werden: etwa in der Industrie oder beim Flugverkehr.
Einen Markt für Ökostrom schaffen
Die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor über 20 Jahren war
der Startschuss für die Energiewende in Deutschland. Doch jetzt, bei einem
Erneuerbaren-Anteil von fast 50 Pro- zent im Strombereich, brauchen wir ein
Energiemarktdesign, das Ökostrom in den Mittelpunkt rückt und zugleich die
Sektorenkopplung unterstützt. Unser Ziel ist, dass erneuerbarer Strom künftig
stärker marktgetrieben und systemdienlich vergütet wird. In einem ersten Schritt
werden wir dafür sorgen, dass auch außerhalb des EEG langfristige Lieferverträge
zwischen Ökostromer- zeugern und Verbraucher*innen geschlossen werden können.
Zudem wollen wir den Ökostrom- markt für neue EEG-Anlagen öffnen, sodass
Endkund*innen deren Strom direkt kaufen können. In einem zweiten Schritt geht es
darum, nicht die Arbeit, sondern die zur Verfügung gestellte Leistung zu
entlohnen. Damit stärken wir Sektorenkopplung und Versorgungssicherheit. Wenn
bei fossilen Energien die CO2-Kosten stärker eingepreist und neue Instrumente
etwa für Refinan- zierung und Mietermodelle geschaffen sind, kann in einem
dritten Schritt die EEG-Umlage für Neuanlagen auslaufen.
Die Bürger*innen an der Energiewende beteiligen
Wir wollen, dass von der Energiewende möglichst viele profitieren. Deshalb
werden wir Bürger*in- nen-Projekte bei Wind- und Solarparks besonders fördern
und die Kommunen verbindlich an den Einnahmen aus den Erneuerbaren-Anlagen
beteiligen. Gerade der ländliche Raum kann so von den Gewinnen profitieren.
Bürger*innen-Energieprojekte wollen wir mit einer Ausnahmeregelung bei den
Ausschreibungen wieder stärken. Zudem wollen wir Mieterstrom fördern und
entbürokratisieren, da- mit Mieter*innen stärker die Möglichkeit bekommen, vom
Ausbau der Erneuerbaren zu profitieren.
Netzausbau beschleunigen
Um die Energiewende zum Erfolg führen zu können, müssen wir auch die
Stromleitungen schneller ausbauen. Sie sorgen dafür, dass der Strom von dort, wo
er erzeugt wird, so schnell wie möglich dorthin gelangt, wo er benötigt wird.
Voraussetzung für einen weiteren Netzausbau ist, dass er systemdienlich erfolgt
und alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die bestehenden Netze optimal
auszunutzen. Zentral ist eine frühzeitige Bürger*innenbeteiligung. Sie erhöht
die Qualität der Planung und trägt nachweislich dazu bei, dass potenzielle
Klagegründe bereits zu Beginn gemeinsam ausgeräumt statt am Ende vor Gericht
geklärt werden. Klar ist auch: Die Er- neuerbaren genießen Vorrang im Netz. Da
Stromübertragungsnetze natürliche Monopole und zugleich kritische Infrastruktur
darstellen, wollen wir den öffentlichen Einfluss darauf stärken. Dazu wollen wir
nach Möglichkeit die staatlichen Anteile an den vier Übertragungsnetzbetrei-
bern in Deutschland erhöhen und sie in eine Bundesnetzgesellschaft in Bundeshand
überführen. Wir treiben außerdem eine Reform der Netzentgelte voran, um über
einheitliche Verteilnetzent- gelte zu mehr Fairness zwischen Stadt und Land und
Nord und Süd beizutragen.
Klima-Sanierungsoffensive bei Gebäuden
Es ist höchste Zeit, dass alle Neubauten und umfassende Sanierungen klimaneutral
erfolgen. Dreh- und Angelpunkt sind hohe Baustandards: bei Neubauten KfW 40, was
in etwa dem Passiv- hausstandard entspricht, im Gebäudebestand nach Sanierung
KfW 55 – mit Ausnahmen für denk- malgeschützte Gebäude. Die Sanierungsquote muss
deutlich gesteigert werden. Für den Bestand muss gelten: Sobald ein
Eigentümerwechsel erfolgt, wird ein Sanierungsfahrplan erstellt. Wenn im
Gebäudebestand ein Heizungsaustausch ansteht oder umfassend saniert wird, sollen
Erneu- erbare, wo immer möglich, verbindlich zum Einsatz kommen. Wir legen dazu
ein Investitions- programm für 2.000.000 Wärmepumpen bis 2025 auf. Auch die
Fern- und Nahwärme wollen wir dekarbonisieren. Dabei ist es für die
Energieeffizienz maßgeblich, von der Einzelbefeuerung weg und hin zu verknüpften
Systemen zu kommen, in denen aus verschiedenen Erneuerbaren-Quel- len wie
Abwärme, Solarthermie oder Power-to-Heat Wärme eingespeist wird. Solche
verbunde- nen Energiesysteme werden wir fördern, besonders in städtischen
Gebieten.
Wärmewende fair gestalten
Die Wärmewende muss mit wirksamem Mieter*innenschutz und gezielter Förderung
einher- gehen. Wir wollen mit dem sogenannten Drittelmodell die Kosten für
klimafreundliche Mo- dernisierungen fair zwischen Vermieter*innen, Staat und
Mieter*innen verteilen, sodass sie für alle bezahlbar und für die
Vermieter*innen angemessen wirtschaftlich werden. Die Moderni- sierungsumlage
wollen wir strikt begrenzen, damit Kosten nicht einfach auf die Mieter*innen
abgewälzt werden können. Mit einem Zuschuss zum Wohngeld, dem Klimawohngeld,
ermög- lichen wir auch Empfänger*innen von Wohngeld, in klimafreundlichen
Wohnungen zu leben. Die Lenkungswirkung des CO2-Preises im Wärmesektor verbessern wir, indem die Entscheider*innen für Klima-Investitionen am Gebäude diesen CO2-Preis zahlen: die Eigentümer*innen. Eigenheimbesitzer*innen werden wir mit Steuervergünstigungen
und zielgerichteten Förder- programmen helfen.
Atomausstieg vollenden – Endlagersuche zum Erfolg führen
Wir werden Ende 2022 den Atomausstieg in Deutschland vollenden. Doch obwohl
Atomkraft eine Hochrisikotechnologie ist, wird bei uns immer noch Uran
angereichert, werden Brennstäbe her- gestellt und exportiert. Unser Ziel ist es,
die Atomfabriken in Gronau und Lingen durch eine res- triktivere Exportpolitik
stark einzuschränken und perspektivisch zu schließen. Zum Atomausstieg gehört
auch, einen Endlagerstandort für den hochradioaktiven Atommüll zu finden. Wir
beken- nen uns zum verabredeten Pfad der Endlagersuche. Entscheidend für den
Endlagerstandort sind höchste Sicherheitsstandards bei bestmöglichen
geologischen Bedingungen und Rückholbar- keit; die Suche hat auf Basis von
wissenschaftlichen Kriterien und mit größtmöglicher Transpa- renz und
Beteiligung der Bevölkerung zu erfolgen. Auch in der EU wollen wir den Einstieg
in den Ausstieg vorantreiben. Wir setzen uns dafür ein, den Euratom-Vertrag zu
reformieren. Gemeinsam mit anderen engagierten Mitgliedstaaten wollen wir dafür
sorgen, dass nicht mehr die Atomkraft privilegiert wird, sondern die
erneuerbaren Energien stärker gefördert werden.
Wir sorgen für nachhaltige Mobilität
Investitionen für starke Bahnen in Stadt und Land
Die Bahn ist ein öffentliches, soziales Gut und das Rückgrat einer nachhaltigen
Mobilitätswende. Wir wollen den Bahnverkehr ausbauen, alle deutschen Großstädte
mit regelmäßigen Verbindungen an den Fernverkehr anschließen und in ländlichen
Räumen in größerem Umfang Anschlüsse an das Schienennetz reaktivieren.
Entwidmung von Bahnstrecken soll es nicht mehr geben. Auch den grenz-
überschreitenden Zugverkehr gilt es im Rahmen eines Europatakts deutlich zu
stärken, ein attraktives europäisches Schnell- und Nachtzugnetz aufzubauen und
die Lücken in regionalen, grenzüberschrei- tenden Nahverkehrsverbindungen zu
schließen. Bahnhöfe wollen wir zu modernen Mobilitätsstatio- nen aufwerten und
die Kombination von Fahrrad und öffentlichem Verkehr stark verbessern. Die In-
vestitionsmittel für die Bahn werden wir dafür massiv anheben. Den Deutsche-
Bahn-Konzern wollen wir transparenter und effizienter machen, die Strukturen für
mehr Schienenverkehr neu ordnen und in neuer staatlicher Verantwortung am
Gemeinwohl ausrichten. Der Bund muss zudem mehr Verant- wortung für das
Schienennetz und die Koordinierung des Zugverkehrs im Deutschlandtakt überneh-
men. Wir setzen auf ein Wachstum der Schiene und sichere Arbeitsplätze im
Bahnbereich.
ÖPNV ausbauen
Busse und Bahnen sind für alle da, bieten preiswerte Mobilität und verringern
den Autoverkehr. Wir wollen die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis 2030 verdoppeln. Dazu
muss der öffentliche Personennahverkehr attraktiver und innovativer und mit dem
Fernverkehr verknüpft werden. Zusam- men mit den Ländern werden wir eine
Zukunfts- und Ausbauoffensive starten, Investitionen in Fahrzeuge und das ÖPNV-
Netz erhöhen, die Mittel für den Betrieb von Regionalbahnen auswei- ten und die
Finanzierungsinstrumente an das Ausbauziel anpassen. Auch die Beschaffung von
emissionsfreien Bussen wollen wir durch attraktive Konditionen für die Kommunen
vorantreiben. In Modellprojekten sind Kommunen dabei zu unterstützen, auf einen
umlagefinanzierten preis- werten ÖPNV umzusteigen.
Fahrradnetz für ganz Deutschland
Das Fahrrad hat für die Mobilitätswende riesiges Potenzial. Um es auszuschöpfen,
wollen wir Deutschland zum Fahrradland machen. Radfahren muss sicher und
attraktiv sein – überall. Radwege in Städten, Pendelstrecken oder Verbindungen
von Dorf zu Dorf wie auch touristische Radwege sollen sich durch hohe Qualität
und eine gute Beschilderung auszeichnen. Unsere Vision ist ein lückenloses
Fahrradnetz in ganz Deutschland. Wir richten die Verkehrspolitik an den Zielen
und Empfehlungen des Nationalen Radverkehrsplans aus, erhöhen die Förderpro-
gramme für Ausbau und Modernisierung der Radinfrastruktur und reformieren das
Straßen- verkehrsrecht, damit Radfahrer*innen besser geschützt sind und mehr
Platz im Straßenraum bekommen.
Mobilpass einführen
Autonomes Fahren, vernetzte Mobilitätsangebote, nutzen statt besitzen – der
digitale Fort- schritt wird unseren Alltag in den nächsten Jahren grundlegend
verändern. Wir wollen die deutsche Mobilitätswirtschaft zum Vorreiter für neue
Mobilitätslösungen machen und die Chancen der Digitalisierung für eine
Verkehrswende nutzen. Echtzeitinformationen und ein einheitliches Ticketsystem
müssen im ÖPNV Standard werden. Damit man problemlos überall von A nach B kommt,
wollen wir mit dem Mobilpass die Angebote von 120 Verkehrs- und Tarif- verbünden
in Deutschland verknüpfen und Sharing- und Ridepooling-Dienste so integrieren,
dass Sozial- und Umwelt-Dumping ausgeschlossen sind. Wir wollen den Wechsel zu
Fahrrad, Bus und Bahn für alle möglich machen und auch finanziell fördern.
Deshalb wollen wir mit dem Mobilpass auch attraktive Tarife und Sozialtarife
fördern. Ein Haushalt, der sein Auto dau- erhaft abmeldet, soll zudem für ein
Jahr eine Mobilitätsprämie für die Nutzung umweltfreund- licher Verkehrsmittel
bekommen. Für autonomes Fahren schaffen wir einen Rechtsrahmen mit Schwerpunkt
auf dem öffentlichen Verkehr.
Mehr Sicherheit im Straßenverkehr
Alle Menschen sollen sich in ihrem Alltag angstfrei fortbewegen und unversehrt
ihre Ziele erreichen können. Damit mehr Menschen auf das Fahrrad steigen, öfter
zu Fuß gehen – sei es zur nächsten Haltestelle oder S-Bahn-Station – und auf
diese Weise Städte vom Autover- kehr entlasten, sind zeitgemäße Verkehrsregeln,
die folgenschwere Verkehrsunfälle verhindern, entscheidend. Unser Ziel ist die
Vision Zero, d. h. keine Toten und Schwerverletzten mehr im Straßenverkehr. Wir
wollen Kommunen ermöglichen, in geschlossenen Ortschaften das Regel- Ausnahme-
Verhältnis beim Tempolimit umzukehren. Für die Autobahnen wollen wir ein Si-
cherheitstempo von 130 Stundenkilometern. Um die vielen Unfälle von
Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen in Innenstädten durch abbiegende
Schwerlasttransporter zu verhindern, wollen wir verpflichtende Vorgaben für Lkw-
Abbiegeassistenzsysteme einführen.
Autos der Zukunft bauen
Das Auto der Zukunft wird im Sinne der Lebensqualität aller leiser, digitaler
und klimaneutral sein. Der technologische Wettlauf ist in vollem Gange. Damit
das Auto der Zukunft weiter in Deutschland entwickelt und produziert wird,
braucht es klare politische Leitplanken. Ab 2030 sollen deshalb nur noch
emissionsfreie Autos neu zugelassen werden, zum Beispiel durch eine ansteigende
nationale Quote für emissionsfreie Autos. So sorgen wir für saubere Luft in In-
nenstädten, erfüllen unsere Klima- und Umweltziele, und die Automobilindustrie
kann ihre Entwicklungsarbeit verlässlich auf Elektromobilität ausrichten. Das
sichert zukunftsfähige Arbeitsplätze und neue Geschäftsmodelle. Wir setzen uns
für schärfere europäische CO2-Flot- tengrenzwerte ein. Den Kauf emissionsfreier
Autos wollen wir über ein Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer fördern. Saubere
Autos werden billiger, klimaschädliche teurer. Wir beenden die Dieselsubvention
und gestalten die Dienstwagenbesteuerung ökologisch um. Wir beschleu- nigen den
flächendeckenden Ausbau einer einheitlichen Ladeinfrastruktur, inklusive
Schnell- ladesäulen und öffentlicher Ladepunkte im ländlichen Raum. Laden muss
flächendeckend in Deutschland und Europa schnell und bequem möglich sein.
Moderne Verkehrsinfrastruktur
Die Verkehrspolitik hat jahrzehntelang einseitig Straßenbau und Pkw-Verkehr
gefördert. Sie reißt damit alle Klima- und Nachhaltigkeitsziele und führt doch
tagtäglich zu Staus. Das hat keine Zu- kunft – moderne Mobilität für dieses
Jahrhundert verlangt neue Prioritäten. Deutschland braucht eine
Infrastrukturentwicklung, die an den Zielen der Mobilität für alle und an
Klimaneutralität ausgerichtet ist und den Fokus auf den Ausbau von Schienen,
Radwegen und auf eine intelligen- te Vernetzung umweltfreundlicher
Verkehrsmittel legt. Auch die Vermeidung von Verkehr, unter anderem durch
bessere Bedingungen für Homeoffice und die Wiederkehr der Nahversorgung in Orte
und Stadtviertel, werden wir unterstützen. Wir werden einen Bundesnetzplan 2050
er- arbeiten, in dem der Neu- und Ausbau der Verkehrsträger Straße, Schiene und
Wasserstraßen im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele neu bewertet wird.
Die anstehende Überprüfung des aktuellen Bundesverkehrswegeplans werden wir
nutzen, um nicht planfestgestellte Straßenneu- bauprojekte, insbesondere
Autobahnabschnitte, noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und mit einem
Klima- und Umweltcheck neu zu bewerten. Die Investitionen werden wir umschichten
zugunsten der Sanierung maroder Infrastruktur und des Ausbaus der Schienen- und
Radwege- infrastruktur.
Mobil auf dem Land durch eine Mobilitätsgarantie
Das Auto ist für viele Menschen im ländlichen Raum unverzichtbar und gerade für
viele Fa- milien im ländlichen Raum kaum wegzudenken. Dort setzen wir deshalb an
erster Stelle auf die Chancen der Antriebswende. Das E-Auto ist insbesondere im
Paket mit Solaranlagen auf dem Dach, einem Stromspeicher im Keller und einer
Wallbox in der Garage eine zukunftsfä- hige Lösung, die wir gerade im ländlichen
Raum ausbauen wollen. Doch auch auf dem Land muss Mobilität ohne Auto möglich
sein, das Angebot muss wachsen, gerade für Pendler*innen, Jugendliche und ältere
Menschen. Wir wollen die Länder dabei unterstützen, eine Mobilitäts- garantie
mit Standards für Erreichbarkeit und Erschließung einzuführen, erweiterte
Angebote an öffentlicher Mobilität in ländlichen Räumen zu entwickeln und
Radwege auszubauen. Ge- rade in strukturschwachen Regionen braucht es eine
regelmäßige und verlässliche Anbindung an den ÖPNV, an
Mobilitätsdienstleistungen wie Ridepooling- und On-Demand-Verkehre sowie
öffentliche Stromtankstellen.
Mobilitätswende in der Stadt
Nirgendwo wird die Mobilitätswende sehnlicher erwartet als in den Innenstädten:
Unfälle, Staus, Abgase, Lärm, zu wenig Platz für Kinder zum Spielen – die
autozentrierte Stadt ist nicht nur klimaschädlich, sondern auch kein schöner Ort
zum Leben. Wir wollen die Städte bei der Mobilitätswende gezielt unterstützen,
es ihnen erleichtern, sichere Radwege und attraktive Fußwege anzulegen und
verkehrsberuhigte oder autofreie Innenstädte und Stadtviertel zu schaffen. Die
Städte sollen mehr Möglichkeiten bekommen, regulierend in den Autoverkehr
einzugreifen und öffentlichen Raum neu aufzuteilen, zum Beispiel indem Autos
nicht mehr überall, sondern nur noch auf gekennzeichneten Plätzen parken dürfen.
Die Ausweitung von umweltfreundlichem Carsharing werden wir fördern, damit der
Pkw-Bestand in den Städten abnimmt.
Flugverkehr klimaneutral ausrichten
Fliegen hat unsere Welt näher zusammengebracht. Zugleich ist es wegen seines
immensen Kerosinverbrauchs die klimaschädlichste Fortbewegungsart. Nach der
Pandemie wollen wir kein Zurück zum blinden Wachstum des Luftverkehrs, sondern
diesen am Ziel der Klimaneu- tralität ausrichten. Kurzstreckenflüge wollen wir
bis 2030 überflüssig machen, indem wir die Bahn massiv ausbauen. Die Zahl von
Langstreckenflügen gilt es zu vermindern und das Flie- gen gleichzeitig zu
dekarbonisieren. Um Kerosin durch klimaneutrale Treibstoffe zu ersetzen, wollen
wir die bestehende Beimischungsquote erhöhen und einen Anstiegspfad
festschreiben. Den Aufbau von Produktionsanlagen und moderner
Flugzeugtechnologie fördern wir. Umwelt- schädliche Subventionen im Flugverkehr
sind abzubauen und Finanzhilfen für unwirtschaft- liche Regionalflughäfen zu
beenden. Neben einer Reduktion des Fluglärms durch weniger und bessere Flugzeuge
braucht es ein echtes Nachtflugverbot.
Zukunftsfähiger Güterverkehr
Jeden Tag werden durch Deutschland Millionen Tonnen an Gütern transportiert,
heute zumeist in Form endloser Lkw-Karawanen auf unseren Straßen. In einem
klimaneutralen Deutschland muss auch der Güterverkehr zukunftsfähig sein. Wir
setzen auf regionale Wirtschaftskreisläufe, die Chancen der Digitalisierung und
Vernetzung bei der Organisation der Logistik und wollen mehr Güter mit der Bahn
transportieren. Dazu wollen wir die Kombination von Straße und Schiene
ertüchtigen und dafür sorgen, dass Industrie und Gewerbe wieder ans Bahnnetz
ange- schlossen werden. In der Schifffahrt heißt es: weg vom Schweröl und
stattdessen den Einsatz alternativer Kraftstoffe und Antriebe forcieren. Den
ausufernden Lkw-Verkehr wollen wir durch eine CO2-orientierte Maut regulieren.
Zusammen mit ambitionierten CO2-Flottengrenzwerten und der Förderung
klimafreundlicher Antriebe werden auch Lkw absehbar emissionsfrei. Für mehr
Sicherheit im Lkw-Bereich braucht es eine bessere Durchsetzung von
Arbeitszeitvor- schriften. Auch die Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer*innen
müssen erheblich verbessert werden. In der städtischen Logistik wollen wir den
Einsatz von Lastenrädern und neue Verteil- konzepte wie Cityhubs oder
Güterbeförderung auf Schienen fördern.
Wir schützen Natur und Umwelt für ein gutes Leben
Artensterben stoppen
Biologische Vielfalt sichert das Leben auf der Erde. Ökologische Leitplanken
müssen daher unser Handeln definieren – als „Barometer des Lebens“. Um die Krise
der Artenvielfalt zu über- winden und das massenhafte Artensterben zu beenden,
brauchen wir vor allem eine andere Landnutzung. Wie beim Klimaschutz zählt beim
Naturschutz jeder Tag. Deshalb werden wir hier ein Sofortprogramm Artenschutz
auflegen, mit dem wir den Pestizideinsatz verringern, den Einsatz von Glyphosat
untersagen, den Verkauf von naturwertvollen bundeseigenen Flä- chen zur Bebauung
und die Entwässerung von moorigen Standorten im Bundesbesitz stoppen. Wir werden
Naturschutzkorridore schaffen, Natura-2000-Gebiete gemeinsam mit den Ländern
verteidigen und verbessern sowie Schutzgebiete, wo möglich, vergrößern bzw. neue
schaffen. 10 Prozent der Gelder aus dem Energie- und Klimafonds sollen für
Klimaschutz durch Natur- schutzmaßnahmen eingesetzt werden. Mit einem
Wildnisfonds wollen wir dafür sorgen, dass sich auf mindestens 2 Prozent der
Landesfläche wieder echte Wildnis entwickeln kann. Um Na- tur zu retten, gilt es
bis 2030 den Flächenverbrauch zu halbieren. Bei neuer Straßenverkehrs-
infrastruktur sowie Siedlungs- und Industriegebieten muss mehr auf den
Naturschutz geachtet werden. Das werden wir bei Bundesinfrastrukturprojekten
umsetzen und zugleich Landes- und Kommunalverwaltungen dabei unterstützen, nicht
mehr benötigte versiegelte Flächen der Na- tur zurückzugeben oder im
Innenbereich zu verdichten.
Unseren Wald retten
Unser Wald ist durch die Klimakrise stark bedroht. Wir erleben heute schon ein
Waldsterben, das weitaus größere Schäden anrichtet, als in den 80er Jahren durch
den sauren Regen ent- standen sind. Naturnahe, artenreiche und klimastabile
Waldökosysteme sind widerstandsfä- higer als Monokulturen. Wir wollen
gesetzliche Mindeststandards für eine naturnahe Wald- bewirtschaftung festlegen
und den Umbau und die Wiederbewaldung nach ökologischen Bewirtschaftungsvorgaben
unterstützen. Das dient auch dem ökonomischen Mehrwert. Die Bewirtschaftung von
Flächen der öffentlichen Hand soll an ökologische Kriterien – im Wald nach FSC,
in der Landwirtschaft nach Ökolandbau zertifiziert – geknüpft werden. Wir wollen
5 Prozent unserer Wälder komplett aus der Nutzung nehmen. Dazu weisen wir
Naturwälder aus und machen sie zu Urwäldern von morgen. Weitere Dürrejahre
vergrößern die Waldbrandge- fahr. Gemeinsam mit Kommunen und Ländern wollen wir
eine bundesweite Präventions- und Bekämpfungsstrategie erarbeiten.
Biologische Vielfalt an Land und im Meer schützen
Der Artenrückgang und die Zerstörung natürlicher Lebensräume schreiten auch
global wei- ter voran. Wir werden uns für ein ambitioniertes Abkommen der
Vereinten Nationen zum Er- halt der biologischen Vielfalt einsetzen. Es sollen
entsprechend der Biodiversitätsstrategie der Europäischen Union mindestens 30
Prozent der Landfläche und 30 Prozent der Meere ge- schützt werden, davon 10
Prozent der EU-Landflächen und 10 Prozent der EU-Meeresgebiete mit strengen
Schutzvorgaben, nötig ist außerdem ein Entwaldungsstopp für die Schutzgebiete an
Land. Die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung wollen wir in einem solchen
Abkommen als neue Leitprinzipien verankern und für eine kohärente Politik
sorgen. Insbesondere im Meeres- bereich verfolgen wir eine gemeinsame
internationale Meeresstrategie. Wir werden uns dafür einsetzen, den Schutz der
Meere über verbindliche Abkommen zu schärfen, Vollzugsdefizite und Regellücken
zu schließen und damit den Schutz des Meeres in den Fokus zu rücken, damit
legale Verschmutzung, wie zum Beispiel Tankwäschen auf hoher See, verboten und
Übernut- zung verhindert wird.
Flüsse und Moore schützen
Die Renaturierung von Flüssen und Wäldern und die Wiedervernässung von Mooren –
all das schützt nicht nur seltene Lebensräume und die Biodiversität, sondern
auch das Klima. Na- turnahe Bäche und die letzten frei fließenden Flüsse wie die
Elbe müssen erhalten bleiben, einen Ausbau der Oder lehnen wir ab. Flüsse mit
weiten Auen und Überschwemmungsgebieten sind auch der beste Schutz gegen
Hochwasser. Daher werden wir die Aufgaben der Bundes wasserstraßenverwaltungen
stärker ökologisch ausrichten. Spezifische Programme für wilde Bäche, naturnahe
Flüsse, Seen, Auen und Feuchtgebiete wie das Blaue Band wollen wir stärken und
die EU-Wasserrahmen-Richtlinie konsequent umsetzen. Moorschutz ist Klimaschutz.
Daher wollen wir unsere Moore so schnell wie möglich wiedervernässen. Dazu legen
wir gemeinsam mit den Ländern ein großflächig wirksames Moor-
Renaturierungsprogramm auf. Wiederver- nässte Moore müssen zu einem Teil
Schutzgebiete werden, ein anderer Teil sollte nachhaltig genutzt werden. Daher
wollen wir Paludikultur stärken, also die landwirtschaftliche Nutzung von nassen
Hoch- und Niedermooren.
Sauberes Wasser ist Leben
Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Nitrat, Waschmittelrückstände und
Medikamenten- reste, die Grundwasser, Seen und Flüsse belasten, gehören nicht
ins Abwasser. Deshalb wollen wir klare gesetzliche Vorgaben etwa zur
Flächenbindung der Tierhaltung und des Pestizid- einsatzes verankern. Ein
Verursacherfonds und eine Reform der Abwasserabgabe sollen so zu einer fairen
Verteilung der Kosten von Abwasser- und Trinkwasseraufbereitung führen. Durch
eine Stärkung der Produktverantwortung von Herstellern und genaue Genehmigungs-
und Entsorgungsvorschriften für Medikamente können wir die Gefahren von
Arzneimittelrückstän- den im Wasser und Resistenzen von Keimen verringern.
Setzen wir das EU-Recht konsequent um, reduzieren wir den Eintrag von
hormonverändernden Stoffen und Mikroplastik im Wasser. Den Vorrang der
öffentlichen Wasserversorgung gegenüber gewerblicher Nutzung gilt es si-
cherzustellen, Wiederverwendung von Abwässern und Speicherung von Regenwasser
wollen wir regeln und Anreize zum Wassersparen schaffen.
Meere schützen, Plastikmüllflut stoppen
Die Meere befinden sich in einem katastrophalen Zustand – und dieser droht sich
durch wei- tere Versauerung, Überdüngung, Verschmutzung und Plastikmüll noch zu
verschlechtern. Um die Plastikmüllflut zu stoppen, wollen wir ein Sofortprogramm
mit verbindlichen Müllvermei- dungszielen auflegen. Wir wollen Technik und
Maschinen fördern, die eine Bergung der Mu- nitionsaltlasten in Nord- und Ostsee
ermöglichen. Um die Fischbestände zu stabilisieren und Fischer*innen eine
nachhaltige Perspektive zu geben, wollen wir eine regionale, umwelt- und
artenschonende Fischerei unterstützen und die Betriebe fördern, die Fangmengen
und Netz- längen reduzieren, die neue bzw. althergebrachte Fanggeräte erproben
oder einsetzen und sich für touristische Angebote öffnen. In
Meeresschutzgebieten regulieren wir die Schlepp- netz- und Stellnetzfischerei
sowie die touristische Nutzung. Aus den Erdölförderanlagen in der Nordsee treten
durch Unfälle, ölhaltigen Bohrschlamm mit Bohrabfällen und auch durch die
Abfackelung von Gas giftige Stoffe aus. Wir setzen uns für ein Ende der
Förderung fossiler Energieträger ein. In der deutschen Ausschließlichen
Wirtschaftszone (AWZ) wollen wir einen sofortigen Stopp neuer Öl- und
Gasbohrungen umsetzen sowie ein Förderende bis 2025. Auf europäischer und
internationaler Ebene setzen wir uns für ein Ende der Öl- und Gasförde- rung in
der gesamten Nord- und Ostsee ein. Wir wollen auch den Ausstieg aus dem Kies-
und Sandabbau vorantreiben. Für lebendige Weltmeere sind die Umsetzung der EU-
Meeresstrate- gie-Rahmenrichtlinie und verbindliche Abkommen über Fangquoten,
ein Ende der Fischerei- subventionen, ein Tiefseebergbaumoratorium sowie die
Ausweisung von großflächigen Mee- resschutzgebieten überlebensnotwendig.
Das Ende des Mülls
Der Mehrweganteil bei Getränken sinkt seit Jahren. To-go-Becher werden nur für
wenige Minuten genutzt, bevor sie zu Müll werden. Ausgediente Handys und Tablets
verstauben in Schubladen, obwohl sie wiederverwendet oder recycelt werden
könnten. Unser Ziel ist Zero Waste. Es soll kein Müll mehr verursacht und die
Ressourcenverschwendung gestoppt werden. Dafür wollen wir das komplizierte
Pfandsystem entwirren. Jede Flasche soll in jeden Pfand- automaten passen, den
To-go-Mehrwegbecher machen wir bis 2025 zum Standard. Auf euro- päischer Ebene
treten wir für ein EU-weites Pfandsystem ein. Damit Ressourcenschätze aus alten
Elektrogeräten zurück in den Kreislauf finden, schaffen wir ein Pfand auf
Handys, Tablets und energieintensive Akkus. Das Verpackungsgesetz entwickeln wir
zu einem Wertstoffgesetz weiter, das Mehrwegquoten und Pfand auf alle Einweg-
Plastikflaschen vorsieht. Die Kreislauf- wirtschaft wird das neue Normal. Im
Kreislaufwirtschaftsgesetz räumen wir allen ökologisch vorteilhaften
Mehrwegprodukten Vorrang ein. Wir setzen uns für ein Verbot des Exports von
Plastikmüll in Länder außerhalb der EU ein.
Giftfreie Produkte im Alltag
Plastikrückstände befinden sich bereits in den Körpern von Kindern und
Jugendlichen. Die Weltgesundheitsorganisation sieht in hormonstörenden
Chemikalien eine globale Gesund- heitsbedrohung. Wir wollen giftige Chemikalien,
die Erkrankungen wie Krebs, Diabetes oder ungewollte Kinderlosigkeit auslösen
können, aus allen Alltagsprodukten verbannen, indem wir das EU-Recht im
Chemikalienbereich schnell und konsequent umsetzen. Im Rahmen der
Chemikalienverordnung REACH wollen wir weitere Einschränkungen für gefährliche
Stoffe und werden entsprechende Vorschläge machen. Besonderes Augenmerk richten
wir auf Spiel- zeug, Kinderpflegeprodukte und andere Alltagsprodukte wie
Textilien, Möbel oder Elektronik. Deutschland sollte dem Beispiel Frankreichs
folgen und nachgewiesen giftige Chemikalien wie Bisphenol A in Kochgeschirr und
Lebensmittelverpackungen oder per- und polyfluorierte Kohlenwasserstoffe in
Papier und Pappe verbieten. Unser Ziel ist, dass die Menschen gesund in einer
gesunden Umwelt leben können.
Saubere Luft zum Atmen
Wir alle brauchen saubere Luft zum Atmen. Doch Abgase aus dem Verkehr, aus
Kohlekraftwer- ken oder alten Ölheizungen machen krank. Schlimmer noch: Nach
Berechnung der Europäi- schen Umweltagentur sterben allein in Deutschland pro
Jahr 70.000 Menschen vorzeitig durch von Luftverschmutzung verursachte
Krankheiten. Um die Luft zu verbessern, bietet die ökologische Modernisierung
riesige Chancen. E-Autos, Solar- und Windenergie schützen unsere Luft. Wir
wollen diese Entwicklung beschleunigen und die Minderungsziele für
Luftschadstoffe und die Grenzwert-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation
schnellstmöglich umsetzen.
Klimaanpassung und mehr Natur in der Stadt
Schon heute hat sich die Erde um 1,2 Grad erhitzt. Die Folgen sind mit
Hitzesommern, Wald- sterben und Dürren längst auch in unserem Land spürbar und
treffen oft die am härtesten, die in schwierigeren Umständen leben. Während wir
um jedes Zehntelgrad weniger an Erder- hitzung kämpfen, müssen wir uns zugleich
an diese Veränderungen anpassen. Unsere Städte wollen wir besser gegen
Hitzewellen wappnen – mit mehr Stadtgrün, Fassadenbegrünung und Trinkbrunnen. Es
gilt unsere Städte so umzugestalten, dass sie mehr Wasser aufnehmen und
speichern und im Sommer kühlend wirken. Öffentliche Trinkwasserversorgung muss
Vorrang vor einer Privatnutzung haben. Auch für Tiere und Pflanzen sind unsere
Städte immer wich- tigere Lebensräume. Wir wollen die Natur in der Stadt
ausweiten und dafür zum Beispiel die Lichtverschmutzung eindämmen, die sich
negativ auf Menschen und Tiere auswirkt.
Wir stärken Bäuer*innen, Tiere und Natur
Landwirtschaft fit für die Zukunft machen
Wir wollen Umwelt-, Tier-, Klima- und Gewässerschutz und landwirtschaftliche
Erzeugung mit- einander versöhnen. Die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu
machen – das begreifen wir als Aufgabe für die nächsten Jahre. Das geht nur mit
der Natur zusammen und mit einem Ver- ständnis von Natur, das sich an
Kreisläufen orientiert und sich dem Ressourcenschutz ver- pflichtet sieht. Das
bedeutet fruchtbare Böden, sauberes Wasser und intakte Ökosysteme, aber auch
faire Bezahlung von Landwirt*innen und ein geändertes Ernährungssystem. Wir
werden vielfältige Fruchtfolgen und widerstandsfähige Anbausysteme wie Agroforst
ebenso stärken wie die Nutzung von robusten Pflanzensorten und Tierrassen.
Digitale Anwendungen können bei entsprechender Ausrichtung die Landwirtschaft
umwelt- und klimafreundlicher machen, müssen aber auch – zum Beispiel über
Sharing-Konzepte – kleineren Betrieben offenstehen und bezahlbar sein. Den
Ökolandbau wollen wir umfangreich fördern und die Voraussetzungen dafür
schaffen, dass künftig immer mehr Bäuer*innen und Lebensmittelhersteller
umstellen. Monokulturen und chemische Dünger führen auch im globalen Süden zu
erheblichen Schäden für Gesundheit und Umwelt, während Kleinbäuer*innen durch
europäische Dumpingexporte, patentiertes Saatgut und Landraub weiter in die
Abhängigkeit getrieben werden. Das Recht auf Nahrung muss garantiert sein,
kleinbäuerliche Strukturen sollten gestärkt werden. Dafür unterstützen wir mit
unserer Agrar- und Entwicklungspolitik eine globale sozial-ökologische
Agrarwende.
Öffentliches Geld für öffentliche Leistung
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU sollte zu einem Instrument für eine
ökologische Agrarpolitik werden – und nicht wie bisher für die
Industrialisierung der Landwirtschaft. Das muss der Ausgangspunkt für einen
Gesellschaftsvertrag zwischen Bäuer*innen, Verbraucher*in- nen und Politik für
Klima- und Naturschutz sein. Wir wollen eine Reform, damit die Milliarden an
öffentlichen Geldern künftig für öffentliche Leistungen wie Klima-, Umwelt- und
Tierschutz eingesetzt werden. Um den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft
gemeinsam mit den Bäu- er*innen voranzutreiben, gilt es die nationalen
Spielräume für die bevorstehende Förderpe- riode bestmöglich zu nutzen. Dazu
gehören ein Ökolandbau-Anteil von 30 Prozent sowie eine Halbierung des Pestizid-
und Antibiotika-Einsatzes bis 2030. Wir wollen das System der Direkt- zahlungen
schrittweise durch eine Gemeinwohlprämie ablösen, die konsequent gesellschaft-
liche Leistungen honoriert. Bis zum Jahr 2028 wollen wir für die Hälfte der
Gelder eine öko- logische Zweckbindung erreicht haben.
Pestizide reduzieren
Es gibt viele Gründe, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft deutlich
herunterzufah- ren. Der Schutz der menschlichen Gesundheit gehört dazu. Vor
allem sind weniger Pestizide der wichtigste Hebel, um den Rückgang der
Artenvielfalt zu stoppen. Wir wollen den Ausstieg aus der Pestizidabhängigkeit
unserer Landwirtschaft schnell und machbar gestalten: durch eine systematische
Pestizidreduktionsstrategie, ein Sofortverbot für besonders umwelttoxische Wirk-
stoffe und das besonders häufig eingesetzte Pestizid Glyphosat. Um den Einsatz
von Pestiziden insgesamt zu reduzieren, führen wir eine Pestizidabgabe ein. Um
wirksamen Artenschutz zu be- treiben und unser Trinkwasser zu schützen, wollen
wir die Ausbringung von Pestiziden in Natur- schutzgebieten und
Trinkwasserschutzgebieten untersagen. Die Landwirt*innen werden durch Gelder der
Pestizidabgabe dafür entschädigt. Wir werden außerdem den Export von Pestiziden
beenden, die in Deutschland oder der EU aufgrund von Umwelt- und
Gesundheitsrisiken nicht zugelassen oder verboten sind. Wir wollen die
Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel verbessern und so Transparenz und
Unabhängigkeit stärken sowie ein kombiniertes Forschungs-, Umsetzungs- und
Beratungsprogramm für nicht synthetischen Pflanzenschutz auflegen.
Vielfältiges Saatgut ohne Patente
Eine vielfältige, gerechte und nachhaltige Landwirtschaft beginnt beim Saatgut.
Es ist nötig, die Zucht von robusten Sorten voranzutreiben. Angesichts der
Klima- und Biodiversitätskri- se wollen wir sowohl die Forschung für
ökologisches Saatgut stärken als auch neue Ansätze fördern. Gentechnikfreie
Produktion muss durch vorsorgeorientierte Zulassungsverfahren und
Kennzeichnungspflicht geschützt bleiben. Die Opt-out-Richtlinie der EU setzen
wir vollständig
in nationales Recht um. Die Risiko- und Nachweisforschung sowie innovative
Ansätze, die auf traditionelle und ökologische Züchtungsverfahren setzen, werden
wir stärken. Wir wollen das Patentrecht so ausrichten, dass es keine Patente auf
Pflanzen und Tiere sowie deren geneti- sche Anlagen mehr gibt.
Gerechte Einkommen und Arbeitsbedingungen für Bäuer*innen
Bäuerinnen und Bauern müssen von ihrer Arbeit leben können. Wir werden daher mit
Hilfe des Wettbewerbsrechts gegen Dumpingpreise im Lebensmittelhandel vorgehen.
Wir wollen Junglandwirt*innen und Neueinsteiger*innen unterstützen und Maßnahmen
gegen Bodenspe- kulation und den Ausverkauf ländlicher Fläche ergreifen. Dazu
gehört, dass wir die Flächen der bundeseigenen BVVG in eine Bundesstiftung
überführen, die die Flächen vorzugsweise an kleinere Betriebe statt an große
Investoren verpachtet. Auch in der Lebensmittelerzeugung und verarbeitung müssen
faire Bedingungen herrschen. Ein besserer Arbeits- und Gesundheits- schutz für
Beschäftigte in Landwirtschaft und Fleischindustrie ebenso wie mehr Rechte für
die Arbeitnehmer*innen, tarifliche Löhne und starke Gewerkschaften sind
notwendig.
Regionale Vermarktung stärken
Der Wunsch, wieder mehr regional und handwerklich erzeugte Lebensmittel zu
kaufen, beim Bäcker, in der Metzgerei, auf dem Bauernhof, wächst stetig. Wir
wollen die regionale Erzeu- gung und Vermarktung stärken und so dem
Betriebssterben der letzten Jahre entgegentreten. Wir unterstützen
Regionalsiegel und Direktvermarktungen der Betriebe durch lokale Einkaufs- Apps
und Regionalwerbung und sorgen mit einer klaren Definition von regionalen
Produkten für Schutz vor Betrug. Öffentliche Fördergelder sollen vorrangig den
kleinen und mittleren bäuerlichen Betrieben und Handwerker*innen zugutekommen.
Forschung und Beratung zur Regionalvermarktung, innovative und partizipative
Ansätze wie solidarische Landwirtschaft oder Ernährungsräte unterstützen wir.
Lebensmittel retten
Gesunde und ökologisch wertvolle Lebensmittel sollen allen Menschen in
Deutschland leicht zugänglich sein. Ernährungsbedingte Krankheiten aufgrund von
Fehlernährung wollen wir gezielt eindämmen. Kitas, Schulen, Krankenhäuser,
Pflegeheime, Mensen und Kantinen unter- stützen wir dabei, mehr nachhaltiges,
gesundes und regionales Essen anzubieten. Gutes Essen scheitert allzu oft an
mangelndem Angebot und Transparenz. Um das zu ändern, wollen wir die
Ernährungsindustrie in die Pflicht nehmen. Wir brauchen verbindliche
Reduktionsstrate- gien für Zucker, Salz und Fett. Für Lebensmittelwerbung, die
sich an Kinder richtet, wollen wir klare Regeln, die sich an den Kriterien der
Weltgesundheitsorganisation orientieren. Klima- schutz heißt auch, dass wir als
Gesellschaft weniger tierische Produkte produzieren und kon- sumieren werden.
Wir wollen vegetarische und vegane Ernährung attraktiver und zugänglich für alle
Menschen machen. Pflanzliche Milchalternativen sollen steuerlich mit
Milchprodukten gleichgestellt und mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz
verkauft werden. Auch gegen die Lebensmittelverschwendung gehen wir vor. Wir
wollen mit einem Rettet-die-Lebensmittel-Ge- setz verbindliche Reduktionsziele
einführen, Lebensmittelhandel und -produzenten verpflich- ten, genusstaugliche
Lebensmittel weiterzugeben statt wegzuwerfen. Lebensmittel aus dem Müll zu
retten – das sogenannte Containern – muss entkriminalisiert werden.
Klare Lebensmittelkennzeichnung
Gutes, nachhaltiges und gesundes Essen soll leicht zu erkennen sein. Mit
verständlichen Infor- mationen über Zutaten, Herkunft und Herstellung wollen wir
für die nötige Transparenz sor- gen. Wir werden daher eine verpflichtende
Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch und andere tierische Produkte einführen.
Die Nährwertkennzeichnung Nutriscore wollen wir ausbauen und europaweit für alle
Fertigprodukte anwenden. Außerdem wollen wir die Transparenz über die Herkunft
von Lebensmitteln verbessern. Transparenz muss auch bei der Lebensmittelhygiene
gelten, deshalb sollen die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen in Form eines
Hygienebaro- meters für alle erkennbar sein.
IN DIE ZUKUNFT WIRTSCHAFTEN
Klimaneutralität ist die große Chance für den Industriestandort Deutschland.
Grüne Technolo- gien aus Deutschland werden weltweit nachgefragt. Beim
erneuerbaren Wasserstoff sind wir Europäer*innen noch führend. Für große Teile
der deutschen Industrie ist das Pariser Klimaab- kommen fester Bestandteil der
Planungen geworden, unternehmerische Investitionsstrategien sind auf Klimaschutz
ausgerichtet. Die meisten wissen, dass die Märkte der Zukunft klimaneutral sind.
Und sie wissen: Deutschland kann so viel mehr. In den Unternehmen, den Köpfen
und den Strukturen stecken die Innovationskraft und der Wille, in die Zukunft zu
wirtschaften. Wir sehen, mit welcher Agilität Unternehmer*innen neue Ideen und
Geschäftsmodelle entwickeln. Und wir sind überzeugt, dass das freie und kreative
Handeln, die Dynamik eines fairen Wettbewerbs, die Stärke von gesellschaftlicher
Kooperation innovativ Probleme löst.
Allerdings steht die deutsche und europäische Wirtschaft unter großem Druck:
Unser Industrie- land muss sich im globalen Wettbewerb mit autoritärem
Staatskapitalismus und weitgehend un- regulierten Tech-Giganten behaupten. Die
Pandemie hat viele Wirtschaftszweige hart getroffen, einige Sektoren hatten
schon zuvor die Transformation verschlafen. Die Klimakrise und die End- lichkeit
von Ressourcen verlangen ein Umsteuern. Zugleich ist unser Verständnis von dem,
was Wohlstand ist, im Wandel. Menschen bezweifeln zunehmend, dass ein blindes
Wachstum, das zu großen sozialen und ökologischen Problemen führt, richtig ist.
Wenn wir es jetzt aber klug an- stellen, können wir unser Wirtschafts- und
Finanzsystem neu eichen. Wir können eine sozial-öko- logische Marktwirtschaft in
Europa begründen, die Wohlstand und Wachstum mit Nachhaltigkeit und
Gerechtigkeit versöhnt und den Menschen dient. Sie ist Ausgangspunkt für eine
neue wirt- schaftliche Dynamik, die zukunftsfähige Jobs schafft, Lebensqualität
sichert und uns Menschen freie Entfaltung ermöglicht und einen klimagerechten
Wohlstand schaffen kann.
Dafür ist eine Politik nötig, die will, die nach vorne führt und verlässlich
steuert. Nicht, weil der Staat besser wirtschaften kann, sondern weil die
Wirtschaft klare Verhältnisse, verlässliche poli- tische Rahmenbedingungen und
Anreize braucht. Nur dann haben Unternehmen Planungssicher- heit und wissen,
dass sich klimaneutrales, nachhaltiges Wirtschaften lohnt.
Ungeregelte Märkte können sehr viel zerstören. Wenn wir Märkte aber nachhaltig
und sozial ge- stalten, können sie mit ihrer Wucht Innovationen entfachen, die
wir für die Transformation brau- chen. Damit das gelingt, stellen wir die
Weichen konsequent auf Klimaneutralität und ermög- lichen der Wirtschaft neue
Spielräume innerhalb der planetaren Grenzen. Wir schaffen Anreize, streichen
umweltschädliche Subventionen und setzen ordnungspolitische Regeln, um
nachhaltig zu produzieren, zu handeln und zu konsumieren. Wir geben dem Wachstum
eine Richtung und bemessen Wohlstand neu. Wir starten eine umfassende
Investitionsoffensive, öffentlich wie pri- vat, um dem immensen Investitionsstau
in unserem Land zu begegnen und Klimaschutz, Digitali- sierung und Bildung
deutlich zu stärken. Dafür setzen wir auf eine vorsorgende Haushaltspolitik. Wir
gehen die Ungerechtigkeiten im Steuersystem entschlossen an und sorgen dafür,
dass sich sehr wohlhabende und reiche Menschen und große Konzerne ihrer
Verantwortung stärker stel- len. Globale Konzerne sollen nicht mächtiger sein
als Staaten – es gilt das Primat der demo- kratischen Politik zu behaupten. Hohe
Einkommen und Vermögen sollen mehr zur Finanzierung unseres Gemeinwesens
beitragen, denn Gesellschaften, in denen die Ungleichheit gering ist, sind
zufriedenere Gesellschaften.
Wirtschafts- und Finanzpolitik muss europäisch gemacht werden. Als
Europäer*innen können wir mit unserem starken gemeinsamen Binnenmarkt
internationale Standards setzen und Innova- tionen vorantreiben. Solange es
Wettbewerbsverzerrung gibt, braucht es auch den Schutz des europäischen Marktes
und vor allem der kritischen Infrastruktur. Zugleich setzen wir uns für eine
gemeinsame strategische Außenwirtschaftspolitik ein, die Fairness zu einem Gebot
des interna- tionalen Wettbewerbs und des freien Welthandels macht und weltweit
nachhaltiges Wirtschaf- ten befördert. Als Europäer*innen investieren wir
gemeinsam in Klimaschutz, Forschung und den Wohlstand der Zukunft, den Weg dahin
bereit ein Green New Deal. In einer Bundesregierung werden wir alles dafür tun,
dass die Europäische Union der erste CO2-freie Wirtschaftsraum wird. Mit all
diesem legen wir die Grundlagen dafür, dass Deutschland und Europa erfolgreiche
In- dustriestandorte mit hoher Wertschöpfung, starkem Sozialstaat und guten
Arbeitsplätzen blei- ben. Dafür, dass notwendige Innovationen in Europa
entwickelt und marktfähig werden, dass zu- kunftsfähige neue Jobs im Handwerk,
bei Start-ups und in der Dienstleistungsbranche entstehen – in traditionsreichen
und innovativen Industrieunternehmen, im Maschinenbau, in kleinen und
mittelständischen Betrieben. Wir wollen, dass Deutschland und Europa auch bei
neuen Techno- logien die Spitze beanspruchen – seien es E-Autos, saubere
Batterien, Quantencomputer, Künstli- che Intelligenz oder moderne
Biotechnologie. Mit einer aktiven Wirtschafts- und Industriepolitik zeigen wir
eine Richtung auf und bieten zukunftsfähigen Unternehmen gute Bedingungen. So
machen wir aus der Marke „Made in Germany“ ein Gütesiegel für zukunftsfähige
Industrie in einem klimaneutralen Europa.
Klimaschutztechnologien made in Germany
Der globale Wettbewerb um die Technologien von morgen ist in vollem Gange. Made
in Ger- many soll zukünftig nicht nur für Qualität, sondern noch stärker für
nachhaltige und innovative Produkte und Prozesse stehen. Digitalisierung und
Klimaneutralität müssen Staat und Unter- nehmen gemeinsam in Angriff nehmen.
Während der Staat mehr öffentliche Investitionen rea- lisiert, wollen wir
zugleich Anreize für mehr Investitionen durch Unternehmen setzen. Dafür
erweitern wir zielgerichtet die Spielräume für die Unternehmen: Investitionen
sollen zeitlich befristet degressiv mit mindestens 25 Prozent abgeschrieben
werden können. Die steuerliche Förderung von Forschung für KMU erhöhen wir.
Öffentliche Investitionszuschüsse sollen gera- de bei neuen Technologien eine
Starthilfe geben; Klimaverträge helfen, dauerhafte Planungs- sicherheit für
langfristige Klimaschutzinvestitionen zu geben.
Fairer Wettbewerb um klimaneutrale Industrietechnologien
Die energieintensiven Industrien – Stahl, Zement, Chemie – stehen für 15 Prozent
des deut- schen CO2-Ausstoßes. Zugleich bieten sie hunderttausende gute
Arbeitsplätze und sind eben- so Eckpfeiler unseres Wohlstandes. Wir wollen diese
Industrien zum Technologievorreiter bei der Entwicklung klimaneutraler Prozesse
machen. Der Maschinenbau kann beim weltweiten Einsatz grüner Technologien „made
in Germany“ eine Schlüsselrolle einnehmen. So bekämpfen wir die Klimakrise und
tragen zur Sicherung des deutschen Industriestandorts bei. Mit Inves-
titionszuschüssen und einer degressiven Abschreibung fördern wir direkt die
Transformation. Mit dem Abbau von Hürden bei der grünen Eigenstromversorgung
treiben wir die Dekarboni- sierung der Prozesse voran. Klimaverträge (Carbon
Contract for Difference), die die Differenz zwischen dem aktuellen CO2-Preis und
den tatsächlichen CO2-Vermeidungskosten erstatten, sorgen für
Investitionssicherheit. Und mit Quoten für den Anteil CO2-neutraler Grundstoffe
schaffen wir Leitmärkte für CO2-freie Produkte. In der Chemieindustrie wollen
wir die Trans- formation weg von Öl und Plastik hin zu nachwachsenden Rohstoffen
voranbringen.
Automobilindustrie im Aufbruch
Die Automobilindustrie steht vor gewaltigen Umbrüchen. Weltweit läuft der
Wettbewerb um das emissionsfreie und digitale Auto der Zukunft. Nach Jahren des
Stillstands hat sich auch die Branche in Deutschland endlich auf den Weg
gemacht. Jetzt braucht es Entschlossenheit und Zusammenarbeit, damit unsere
Autobauer in Zukunft wieder die Nase vorn haben. Klar ist: Der fossile
Verbrennungsmotor hat keine Zukunft. Wir wollen ab 2030 nur noch emissionsfreie
Au- tos neu zulassen. Wir unterstützen bei Forschung und Innovation und sichern
einen schnellen Aufbau der Ladesäuleninfrastruktur und eine weitere Förderung
des Markthochlaufs von emis- sionsfreien Fahrzeugen zu. Aktuell haben
Deutschland und Europa den Anschluss bei der Bat- teriezellenproduktion und
damit viel Wertschöpfung verloren. Das darf sich bei den Batterien der nächsten
Generation, die günstiger und ressourcensparender sind, nicht wiederholen. Wir
wollen Europa zum Weltmarktführer einer ökologischen Batteriezellenproduktion
machen, zu der ein wirksames Recyclingsystem gehört sowie die Forschung und
Entwicklung der nächsten Batteriegeneration. Dazu setzen wir auf klare Vorgaben
bei den Ökostandards und ein umfas- sendes Forschungs- und Förderprogramm. Wir
wollen zudem die besonders betroffenen Auto- regionen mit regionalen
Transformationsdialogen und -fonds unterstützen.
Europäische Halbleiterindustrie stärken
Eine erfolgreiche und weitsichtige Industriepolitik wird nur dann funktionieren,
wenn auch gesamteuropäisch gedacht wird. Gerade mit Blick auf eine nötige
sektorale Strukturförderung, wie den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur, der
Batteriezellfertigung oder Förderung der Halbleiterindustrie, ist eine
europäische Ausrichtung entscheidend. Um kritische Abhängig- keiten zu
verringern, soll die EU-Kapazität im Bereich der Halbleitertechnologie wie von
der EU-Kommission vorgeschlagen auf 20 Prozent der weltweiten Produktion
ausgebaut werden. Das gilt vor allem für die Bereiche, in denen wir bei der
Halbleitertechnologie für industrielle Anwendungen bereits eine starke
europäische Stellung haben oder in denen eine besonders dynamische zukünftige
Entwicklung zu erwarten ist. Hierzu müssen Investitionen entlang der Halbleiter-
Wertschöpfungskette erhöht werden.
Wir geben dem Markt einen sozial-ökologischen Rahmen
Den europäischen Green Deal ambitioniert gestalten
Mit dem Europäischen Green Deal hat die EU-Kommission ein Programm vorgelegt, um
die Europäische Union zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Es umfasst
Gesetzesvor- schläge in den Bereichen Klima- und Umweltschutz sowie für eine
gestärkte Wettbewerbsfä- higkeit, Energiesicherheit und Innovationsdynamik einer
dekarbonisierten europäischen Wirt- schaft. Wir setzen uns für eine
ambitionierte Ausgestaltung und eine ehrgeizige Umsetzung auf allen Ebenen ein.
Wir machen weiter Druck, damit die ökologische Wende dazu beiträgt, Ungleichheit
zu verringern. In der Landwirtschaftspolitik kämpfen wir dafür, dass die Reform
der Gemeinsamen Agrarpolitik und ihre Umsetzung unter die Ziele des Green Deal
gestellt werden, da sie immense Auswirkungen auf Umwelt- und Artenschutz
entfalten. In der Handels- politik wollen wir Umwelt- und Sozialkapitel von
zukünftigen Handelsverträgen rechtsverbind- lich und sanktionierbar machen.
Wir haushalten solide, weitsichtig und gerecht
Bundeshaushalt wird zukunftstauglich
Wir wollen den Bundeshaushalt nachhaltiger und gerechter machen. Nachhaltiger
wird er, wenn wir die umweltschädlichen Subventionen endlich beenden. Immer noch
subventionieren die öffentlichen Haushalte des Landes mit über 50 Milliarden
Euro klimaschädliches Verhal- ten, zum Beispiel mit der Subvention für Diesel
oder schwere Dienstwagen. Wir werden diese Subventionen schrittweise abbauen und
den Bundeshaushalt klimagerecht machen. In einem ersten Schritt können wir so
über 10 Milliarden Euro jährlich einnehmen und sie für die Finan- zierung von
Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit einsetzen. Für die Ausgaben des Bundes
streben wir eine Klimaquote an, die schrittweise steigen soll. Zur Finanzierung
dieser nach- haltigen Ausgaben setzen wir auf grüne Anleihen. Mit Gender-
Budgeting erreichen wir eine konsequente Berücksichtigung und Einbeziehung von
Gleichstellungsaspekten bei finanz- und haushaltspolitischen Entscheidungen. Das
macht den Haushalt gerechter.
Schuldenbremse reformieren, Investitionsregel einführen
Deutschland verfügt auch nach der Corona-Krise über tragfähige Staatsfinanzen.
Die Zinsen sind historisch niedrig, das Vertrauen in deutsche Staatsanleihen ist
hoch. Wir haben aber ein Zukunftsproblem. Die Erde erhitzt sich, die Schulen
verfallen und Deutschland gehört beim schnellen Internet zu den Schlusslichtern
der EU. Wir investieren zu wenig in unser Land. Das sind Schulden, die nicht in
den Büchern stehen, aber unseren Wohlstand gefährden. Wir wollen die
Schuldenbremse im Grundgesetz zeitgemäß gestalten – um die so dringenden
Investitio- nen zu ermöglichen. Bei konsumtiven Ausgaben bleibt es bei den
derzeitigen strikten Regelun- gen; bei Investitionen, die neues öffentliches
Vermögen schaffen, erlauben wir eine begrenzte Kreditaufnahme. So schaffen wir
öffentliches Vermögen, das uns allen gehört, denn die Rendite öffentlicher
Investitionen ist hoch, während der Bund keine Zinsen für seine Kredite bezahlt.
Das schafft ein hohes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, das sicherstellt,
dass unsere Schulden im Verhältnis zur Wirtschaftskraft weiter abnehmen. Die
kluge Unternehmerin spart nicht, sie investiert. Der kluge Staat tut es ihr
gleich.
INTERNATIONAL ZUSAMMENARBEITEN
Die großen Herausforderungen unserer Zeit sind global: Pandemien, die
Klimakrise, Hunger, Mig- ration und die sozial-ökologische Transformation als
besondere Aufgabe. Wir können sie nur ge- meinsam meistern. Jahrelang hat
Deutschland in Europa und der Welt aber allenfalls moderiert, oft gezögert, ist
abgetaucht. Es ist Zeit, wieder eine aktive Außenpolitik zu betreiben und als
ge- staltende Kraft voranzugehen im Sinne einer multilateralen und vorsorgenden,
einer kohärenten und wertegeleiteten Politik – stets europäisch und entlang
einer verlässlichen deutsch-französi- schen Zusammenarbeit, transatlantisch und
im Rahmen der Vereinten Nationen.
Gestützt auf die Agenda der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, das
Pariser Kli- maabkommen und die rechtebasierte internationale Ordnung setzen wir
uns für eine globale Strukturpolitik ein, die den Schutz öffentlicher Güter,
eine gerechte Ressourcenverteilung sowie Entwicklungschancen für alle als beste
Vorsorge gegen Konflikte, Gewalt oder das unermessliche Leid von Flucht und
Vertreibung begreift.
Ausgangspunkt unserer Politik ist eine gestärkte und handlungsfähige Europäische
Union. Die Werte, auf denen sie gründet, wollen wir nach innen verteidigen und
nach außen beherzt vertre- ten: Menschenrechte, Demokratie, Freiheit und
Rechtsstaatlichkeit. Die EU als Friedensmacht ist nicht nur Antwort auf eine
lange und schmerzvolle Geschichte von Kriegen und Feindseligkeiten auf unserem
Kontinent, exportiert in die ganze Welt, sondern vor allem ein
Zukunftsversprechen, das es einzulösen gilt. Sie ist unser schützenswertes und
einmaliges Zuhause. Gerade weil wir überzeugte Europäer*innen sind, streiten wir
für ihre stetige Fortentwicklung. Wir arbeiten für eine europäische
Wertegemeinschaft, die ihre Abhängigkeit von Dritten in kritischen Bereichen ab-
und ihre strategische Souveränität ausbaut – in einem Gleichgewicht von
Kooperation, wo möglich, und Eigenständigkeit, wo nötig. Nur eine
handlungsfähige und krisenfeste EU ist in der Lage, kritische Infrastruktur und
öffentliche Güter zu schützen, global für das Völkerrecht und die universalen
Menschenrechte einzustehen. Mit dem größten Binnenmarkt der Welt hat die EU
wirtschaftlich erheblichen Einfluss. Diesen Hebel wollen wir nutzen, um die
globale Transforma- tion gerecht zu gestalten und ambitionierte Standards zu
setzen.
Der erheblichen Widerstände und Dilemmata, die das bedeutet, sind wir uns
bewusst. Das autori- täre Hegemonialstreben einer chinesischen Regierung, das
Menschen- und Bürger*innenrechte systematisch aushebelt, zwingt Staaten nicht
nur in wirtschaftliche und politische Abhängigkeit, sondern spaltet auch Europa.
Zugleich wird eine globale sozial-ökologische Transformation ohne China, auch
ohne Russland oder Brasilien, nicht möglich sein. Das allein zeigt: Der
Systemwett- bewerb mit autoritären Staaten und Diktaturen ist real, lässt
bisweilen nur die Wahl zwischen Regen oder Traufe – und stellt uns vor derart
beachtliche Aufgaben, dass jede Form des Allein- gangs zum Scheitern verurteilt
wäre.
Wir können die vielen Widersprüche und Grenzen außen-, entwicklungs- und
sicherheitspoliti- schen Handelns nicht auflösen. Die Verteidigung von
Menschenrechten, Demokratie und das kla- re Bekenntnis zu Freiheitsbewegungen
führen an die Grenzen politischer Handlungsfähigkeit. Wir können uns aber dieser
Verantwortung nicht entziehen. Umso zentraler ist europäische Ko- härenz und
sind politische Bündnisse mit allen anderen Staaten, aber gerade auch Regionen
und zivilgesellschaftlichen oder zwischenstaatlichen Akteuren, für die der Wert
von Kooperation und die Stärke des Rechts ebenfalls Grundlage internationaler
Beziehungen sind. Diese Bündnisse wollen wir selbstbewusst mitgestalten.
Souverän sind wir nur gemeinsam.
Wir setzen auf den ehrlichen Interessensausgleich, die Achtung der Rechte
marginalisierter Gruppen, auf Zusammenarbeit und Rechtsstaatlichkeit, auf
Konfliktprävention und regelbasierte Konfliktbearbeitung in einer eng vernetzten
Welt. Unser Ziel ist eine Weltordnung, in der Kon- flikte nicht über das Recht
des Stärkeren, sondern am Verhandlungstisch gelöst werden. Und wir reichen allen
die Hand, die daran teilhaben wollen. All das tun wir im Wissen um Deutschlands
Verantwortung in der Welt und im Bewusstsein um die Verbrechen des
Nationalsozialismus.
Als hochentwickelter und exportorientierter Industriestaat gehört Deutschland zu
den Haupt- verursachern globaler Erwärmung und agiert als entscheidender Player
einer Globalisierung, die eben nicht nur Wohlstand und Entwicklung bedeutet,
sondern auch zu Ausbeutung von Mensch und Umwelt führt. Diese Verantwortung
verstehen wir als Antrieb für ambitionierte Veränderung und entschiedenes
Handeln mit dem Ziel globaler Gerechtigkeit und setzen dafür bei uns selbst an.
Das bedeutet auch: Wir fordern die Einhaltung und den Schutz der Menschenrechte
nicht nur von anderen ein, sondern messen uns selbst daran. Menschenrechte sind
völkerrechtliche Pflicht und unverrückbare Grundlage einer wertegeleiteten
internationalen Politik.„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten
geboren“: Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Men- schenrechte ist Leitbild
unseres Engagements – auch in der europäischen Flüchtlingspolitik. Sie ist das
große Versagen Europas. In keinem anderen Bereich scheitern die europäischen
Regierun- gen derart an den eigenen Ansprüchen von Moral, Menschenrechten und
internationalem Recht. Das Versagen ist zugleich global: Nirgends auf der Welt
wird Flucht angemessen und nach klaren, menschenrechtsbasierten Prinzipien
begegnet. Diese Regeln aber gibt es, ebenso wie es immer wieder Momente in
unserer Geschichte gab, da nach ihnen gehandelt wurde. Hier wollen wir an-
knüpfen und – wenn nicht gesamteuropäisch, dann in einer humanitären Koalition
der Willigen innerhalb und außerhalb der EU – einen Paradigmenwechsel hin zur
konsequenten Vorbeugung gegen Fluchtursachen und zu einem menschenwürdigen
Umgang mit Geflüchteten vorantreiben. Wir setzen auf Rationalität und
Handlungswillen, auf Humanität und Verantwortung – und auf den unerlässlichen
Pragmatismus der Nothilfe.
Die Größe und Komplexität der internationalen Herausforderungen, die da vor uns
liegen, sollte Messlatte unseres außenpolitischen Handelns sein. Die globalen
Aufgaben sind erheblich. Wa- gen wir die entsprechenden Antworten.
Wir treiben die sozial-ökologische Transformation voran
Schubkraft für globale Transformation
Mehr denn je bedrohen Klimaveränderungen und der Verlust von Artenvielfalt
menschliche Sicherheit und Freiheit sowie die nachhaltige Entwicklung – überall
auf der Welt. Die Zeit drängt. Darum braucht es in den nächsten Jahren einen
energischen Schub für eine sozial-öko- logische Transformation. Die nachhaltigen
Entwicklungsziele der Agenda 2030 und des Kli- maabkommens von Paris waren ein
Aufbruch. Alle Länder sind seitdem verpflichtet, bei sich zu Hause anzufangen
und ihren Beitrag für die gemeinsame Aufgabe zu leisten – schließlich sind es
unsere Entscheidungen in Wirtschaft und Handel, bei Agrar- oder
Rüstungsexporten, die sich weltweit stark auf Klima, Artenschutz und globale
Gerechtigkeit auswirken. Wir wollen alle Politikbereiche in Deutschland auf die
Transformation ausrichten und einen Nachhaltig- keits- und Menschenrechts-TÜV
einführen. Es gilt unsere internationalen Zusagen einzuhalten und die
öffentlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen der ODA-Quote
sowie der internationalen Klimafinanzierung und Biodiversität zu erfüllen. Auch
internatio- nal wollen wir neuen Schwung in die sozial-ökologische
Transformation bringen, indem wir auf eine verbindliche Transformationsquote
hinwirken. Wir bündeln die Ausgaben für Entwick- lungszusammenarbeit,
internationale Klimafinanzierung und Teile der humanitären Hilfe, um eine
globale Transformation entlang den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen
und den Pariser Klimazielen zu finanzieren. Deutschlands Beitrag soll die ODA-
Quote erfüllen und bis 2025 8 Milliarden Euro zur internationalen
Klimafinanzierung bereitstellen.
Klimaaußenpolitik
Wir verfolgen eine ambitionierte, nachhaltige und menschenrechtskonforme
Klimaaußenpoli- tik. Sie ist klimapolitisch notwendig, kann nachhaltige
Entwicklung fördern, Ressourcenkon- flikten vorbeugen und Frieden sichern.
Klimaaußenpolitik kann zu einer Win-win-Situation für Europa, seine Nachbarn und
die Länder des globalen Sonnengürtels führen. Sie bedeutet zum einen, dass wir
Europäer*innen unseren Bedarf an grüner Energie durch Klimapartnerschaften
decken helfen: grüner Wasserstoff statt Öl- und Gasimporte. Andererseits werden
wir so end- lich unserer historischen Verantwortung gerecht, indem wir
Elektrifizierung und Technologie- transfers insbesondere in afrikanischen
Ländern vorantreiben und den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien in diesen
Ländern unterstützen. Nur so können wir es schaffen, global auf den 1,5-Grad-
Pfad zu kommen. Wir stärken die bestehenden Fonds für Klimaanpassung und
Klimaschutz („Adaptation and Mitigation“) und setzen uns dafür ein, dass es auch
einen Fonds zum Ausgleich von Schäden und Verlusten („Loss and Damage“) gibt.
Daraus können zum Beispiel Klimarisikoversicherungen finanziert werden.
Entwicklungs- und Investitionsban- ken wie die Weltbank sollten zu
Transformationsbanken umgebaut werden.
Klima- und Umweltschutz schützt Menschenrechte
Der Schutz der Menschenrechte verpflichtet zum Klima- und Umweltschutz,
umgekehrt schützt Klima- und Umweltschutz Menschenrechte. Wir treten für
verbindliche Mechanismen zum Schutz von Menschen ein, die aufgrund von
Extremwetterereignissen oder schleichender Um- weltveränderung ihre Heimat
verlassen müssen. Regionale Ansätze, die den Betroffenen eine selbstbestimmte
und würdevolle Migration ermöglichen, unterstützen wir. Zugleich wollen wir jene
Staaten in die Pflicht nehmen, die historisch am meisten zur Erderwärmung
beigetragen haben. Die „Task Force on Displacement“ wollen wir strukturell
stärken und setzen uns dafür ein, dass ihre Empfehlungen ebenso umgesetzt werden
wie der Globale Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration sowie
der Globale Pakt für Flüchtlinge. Initiativen zur Stär- kung des Rechtswegs und
das Instrument der Klimaklagen unterstützen wir. Die französische Initiative,
das Umweltvölkerrecht zu kodifizieren und zu konsolidieren, greifen wir auf und
ma- chen uns dafür stark, in einem ersten Schritt das Recht auf saubere Umwelt
in einer Resolution der VN-Generalversammlung zu verbriefen.
Von Zeile 386 bis 388 einfügen:
ermög- lichen wir auch Empfänger*innen von Wohngeld, in klimafreundlichen Wohnungen zu leben. Die Lenkungswirkung des CO2-Preises im Wärmesektor verbessern wir, indem die Entscheider*innen für Klima-Investitionen am Gebäude diesen CO2-Preis zahlen: die Eigentümer*innen. Eigenheimbesitzer*innen werden wir mit Steuervergünstigungen und zielgerichteten Förder- programmen helfen.
LEBENSGRUNDLAGEN SCHÜTZEN
Die Klimakrise ist die Existenzfrage unserer Zeit. Daher ist Klimaschutz keine
Zukunftsaufgabe, sondern Klimaschutz ist jetzt. Wenn wir zu Beginn dieses
Jahrzehnts konsequent handeln und die sozial-ökologische Transformation
einläuten, können wir die Krise noch stemmen. Klimaneutrali- tät ist dabei eine
große Chance für höhere Lebensqualität, mehr soziale Gerechtigkeit und einen
klimagerechten Wohlstand. Sie gilt es zu ergreifen.
Wir haben in den vergangenen Jahren mit Hitzesommern, Waldsterben und Dürren die
Vorboten der Krise gespürt. Sie haben dramatische Konsequenzen: etwa für die
Gesundheit der Menschen – und es sind vor allem die mit den geringsten
Einkommen, die den Preis dafür zahlen, dass der ökologische Fußabdruck der
Reichsten am größten ist. Oder für die Bäuerinnen und Bauern, denen zunehmend
die Grundlage entzogen wird. Und für den Zusammenhalt in unserer Gesell- schaft.
Alle diese Folgen werden sich vervielfachen, wenn wir jetzt nicht umsteuern. Je
entschie- dener wir handeln, desto mehr Freiheiten und Alternativen sichern wir
für jetzige und künftige Generationen. Wir werden deshalb konsequent den Weg zur
Klimaneutralität gehen.
Das verlangt Können, Mut und Machen. Wir stellen in einer künftigen Regierung
das Pariser Kli- maabkommen in den Mittelpunkt und richten das Handeln aller
Ministerien danach aus. Wir len- ken all unsere Kraft darauf, Maßnahmen auf den
Weg zu bringen, die uns auf den 1,5-Grad-Pfad führen. Klimaschutz ist eine Frage
des politischen Kanons. Wir begreifen es als unsere Aufgabe, bessere Regeln zu
schaffen, nicht den besseren Menschen. Solch klare politische Ordnungsrah- men
entlasten auch uns als Menschen im Alltag und schaffen Freiheit.
Natürlich bedeutet Klimaneutralität Veränderung, aber diese Veränderung schafft
Halt in der Zukunft. Wir bringen Energie, Wärme, Verkehr und Industrie zusammen
und sorgen so für eine effiziente Verzahnung dieser Bereiche. Statt auf Kohle,
Öl und fossilem Gas wird das Energiesys- tem auf Sonnen- und Windenergie
basieren. Statt an fossilen Verbrennungsmotoren festzuhalten, schaffen wir eine
neue Mobilität mit E-Autos, der Bahn oder dem Rad. Statt Ölheizungen werden
Wärmepumpen, Power-to-Heat und Strom aus erneuerbaren Energien die Heizquellen
der Zu- kunft. Die Zukunft wird damit leiser, sauberer und gesünder. Weniger
Autos in der Stadt bedeuten mehr Platz für uns Menschen. Leisere Straßen und
saubere Luft dienen besonders jenen, die sich nicht die Villa am ruhigen
Stadtrand leisten können. Mehr Angebote an klima- und umwelt- freundlichen
Verkehrsmitteln, zum Beispiel Rufbusse oder Carsharing, erleichtern zu pendeln
und befördern ein gutes Leben auf dem Land.
Mit dieser großen Veränderung entstehen neue Geschäftsfelder, neue
Industriezweige, neue Ar- beitsplätze. Andere Bereiche werden sich wandeln,
einige völlig neu entstehen, wieder andere verschwinden. Für viele Menschen ist
das auch eine große Herausforderung, ja Zumutung. Die sozial-ökologische
Transformation gelingt nur, wenn wir gemeinsam alles dafür tun, Verluste zu
verringern und Brücken zu bauen. So müssen diejenigen, die neue Chancen oder
Weiterbildung brauchen, sie auch bekommen. Und es ist unsere Aufgabe, Sorge
dafür zu tragen, dass die Kosten und Belastungen dieser Veränderung gerecht
verteilt sind. Klimagerechter Wohlstand bedeutet Ökologie und Soziales
zusammenzudenken und den Übergang gut zu gestalten: für Menschen in der Stadt
und auf dem Land. Für die Handwerkerin wie für den Stahlarbeiter.
Wenn wir unsere Lebensgrundlagen schützen wollen, wenn wir auch die zweite große
ökologi- sche Krise, das Artensterben, eindämmen wollen, dann bedarf es mehr als
einer Kurskorrektur, dann brauchen wir einen neuen Kurs. Wir machen die
planetaren Grenzen zum Leitprinzip unse- rer Politik und verändern entsprechend
die Wirtschaftsweise. Wir setzen Prioritäten. Von jetzt an wird belohnt und
gefördert, was Mensch und Tier, Klima und Natur schützt. Und was zerstöre- risch
wirkt, muss dafür auch die Kosten tragen und Schritt für Schritt überwunden
werden. Indem wir den Schutz der Meere und Gewässer, des Klimas und der Böden,
der Tiere und der Pflanzen zum Bestandteil unseres Wirtschaftssystems machen,
kann es gelingen, die Stabilität der Öko- systeme und unserer Lebensgrundlagen
zu gewährleisten. Und damit auch unsere Grundlagen für ein gutes und friedliches
Zusammenleben.
Wir schaffen klimagerechten Wohlstand
Mehr Lebensqualität durch Klimaneutralität
Der Weg in die Klimaneutralität bietet riesige Chancen auf mehr Lebensqualität:
Städte mit weniger Staus und Abgasen, mit Platz, um sicher Rad zu fahren und zu
Fuß zu gehen, zu spielen und zu leben. Dörfer, die endlich angebunden sind an
den öffentlichen Nahverkehr. Wälder, in denen auch unsere Kinder noch die
Schönheit der Natur entdecken können. Ge- sundes Essen, hergestellt unter
Wahrung von Tier- und Umweltschutz. Klimaschutz ist so viel mehr als reine
Technik, er ist der Weg in eine bessere Zukunft. Überall in Deutschland haben
sich Kommunen, Unternehmen, Initiativen und Bewegungen längst auf diesen Weg
begeben. Sie brauchen endlich Rückenwind von der Politik. Wir wollen Kommunen
befähigen, bei sich die Mobilitätswende voranzubringen. Die Bahn und den ÖPNV
machen wir fit für dieses Jahr- hundert. Wir sorgen für den Erhalt unserer
wertvollen Wälder, Moore und Flüsse. Und wir be- gründen einen
Gesellschaftsvertrag zwischen Politik, Landwirt*innen und Verbraucher*innen.
Die Energierevolution: erneuerbar heizen, wohnen, wirtschaften
Klimaneutralität heißt: raus aus den fossilen Energien. Nicht nur der Strom,
auch das Benzin in unseren Autos, das Kerosin im Flugzeugtank, das Öl für die
Heizung und das Gas im Industrie- betrieb müssen auf erneuerbare Energien
umgestellt werden. Das ist nichts weniger als eine Energierevolution. Dazu
braucht es zuallererst eine massive Ausbauoffensive für die Erneuer- baren.
Daran hängt die Zukunft unseres Industriestandortes und unsere
Versorgungssicherheit. Mit einer umfassenden Steuer- und Abgabenreform wollen
wir dafür sorgen, dass die Sekto- renkoppelung vorankommt und Strom zu
verlässlichen und wettbewerbsfähigen Preisen vor- handen ist. Das
Energiemarktdesign ändern wir, sodass erneuerbarer Strom nicht länger aus-
gebremst und doppelt belastet wird, sondern für Speicher und die Produktion von
Wärme oder Wasserstoff nutzbar gemacht wird – nach dem Prinzip „nutzen statt
abschalten“. Verteilnetze und Verbraucher*innen statten wir mit intelligenter
Technik aus, damit sie flexibel reagieren können, wenn gerade viel erneuerbarer
Strom produziert wird.
Ein Ordnungsrahmen für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft
Wir müssen unsere Wirtschaft auf die Ziele der Klimaneutralität ausrichten und
eine Kreislauf- wirtschaft etablieren. Den wirtschaftlichen Aufbruch nach der
Corona-Krise und die ökologische Modernisierung wollen wir zusammenbringen. Dazu
braucht es eine sozial-ökologische Neubegründung unserer Marktwirtschaft. Wir
wollen mit ehrgeizigen Vorgaben in Form von Grenz- werten, CO2-Reduktionszielen
und Produktstandards der deutschen und europäischen Wirtschaft
Planungssicherheit geben und Impulse für neue Investitionen setzen. Faire Preise
sorgen dafür, dass sich klimagerechtes Handeln lohnt. Forschung und Innovationen
für klimagerechtes Wirt- schaften wollen wir stärker fördern. Die öffentliche
Beschaffung richten wir konsequent auf die ressourcenschonendsten Produkte und
Dienstleistungen aus. So machen wir unsere Wirtschaft zum Spitzenreiter bei den
modernsten Technologien und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen.
Grüne Digitalisierung
Ob vernetzte Fahrzeuge, effiziente Industrie, punktgenaue Verteilung
regenerativer Energie oder intelligente Bewässerung auf Feldern: Mit digitalen
und datengetriebenen Innovatio- nen können wir den Energie- und
Ressourcenverbrauch besser reduzieren und bei Zukunfts- technologien führend
werden. Hierzu fördern und priorisieren wir digitale Anwendungen und Lösungen,
die einen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten oder nachhaltiger sind als ana-
loge. Rebound-Effekte gilt es zu vermeiden, Suffizienz zu unterstützen.
Ausschreibungs- und Beschaffungskriterien sind so anzupassen, dass möglichst
ökologisch nachhaltige Technolo- gien vorrangig zum Einsatz kommen. Bei IT-
Beschaffungen des Bundes müssen Faktoren wie Herstellerabhängigkeit,
Folgebeschaffung, technische Offenheit, Reparaturfähigkeit und Nach- haltigkeit
zwingend in die Bewertungen einfließen und Zertifizierungen wie der Blaue Engel
für IT-Produkte zum Standard werden. Wir wollen alle Rechen- und Datencenter des
Bundes nachhaltig umstellen, mit erneuerbarer Energie betreiben und
zertifizierte umweltfreundliche Hardware einsetzen.
Neue Arbeitsplätze mit guten Bedingungen
Eine ambitionierte Klimaschutzpolitik und der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft
sind die beste Chance, um bestehende Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten
und neue zu schaffen. Die ökologische Modernisierung stärkt die
Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen und kann zur einer Renaissance von
Industriearbeitsplätzen führen. Auf dem Weg zur Klima- neutralität werden in den
kommenden Jahren Hunderttausende neue Jobs entstehen – Green Jobs. Sie entstehen
im Handwerk und der Bauwirtschaft, in neuen Industriebereichen und der
Kreislaufwirtschaft, in der Batteriezellenproduktion und der
Wasserstoffindustrie sowie in neu- en Dienstleistungsfeldern. Unser Anspruch
ist, dass die neuen Jobs gut bezahlt und tarifver- traglich organisiert sind
sowie der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen. Darauf werden wir auch bei
der Förderung von neuen Wirtschaftsfeldern achten.
Sicher im Wandel mit einem Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld
Wir sehen es als unsere Verpflichtung, Unternehmen und ihre Beschäftigten auf
dem Weg hin zu einem klimaneutralen Wirtschaftssystem zu unterstützen. Gerade
auch dort, wo sich Jobprofile grundlegend verändern oder Arbeitsplätze verloren
gehen. Es braucht in der ökologischen Trans- formation ein noch viel besseres
Angebot an Weiterbildung und Qualifizierung. Dazu wollen wir ein Recht auf
Weiterbildung einführen und mit einem Weiterbildungsgeld auch für Erwerbstäti-
ge in Qualifizierungsphasen eine soziale Absicherung schaffen. Mit einem
Qualifizierungs-Kurz- arbeitergeld ermöglichen wir Unternehmen, in Phasen der
Transformation ihre Beschäftigten im Betrieb zu halten und nachhaltig zu
qualifizieren. Die Qualifizierungs-Kurzarbeit koppeln wir eng an die
Sozialpartnerschaft. Zudem wollen wir die betriebliche Mitbestimmung bei
Entscheidun- gen über die ökologische Transformation stärken. Unternehmen,
Gewerkschaften und Betriebs- räte wissen gemeinsam am besten, wie die
Transformation zu gestalten ist.
Transformationsfonds für die Regionen
Die ökologische Modernisierung ist gerade für viele industriell geprägte
Regionen eine große Herausforderung. Um Regionen und insbesondere die dort
ansässigen kleinen und mittleren Unternehmen zu unterstützen, wollen wir
regionale Transformationsfonds auflegen. Die För- derung richtet sich an
Unternehmen, die aus eigener Kraft den ökologischen Strukturwandel nicht
bewältigen können, mit ihrem Standort aber fest in der Region verankert sind und
dort bleiben wollen. Regionale Akteure aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und
Gewerkschaften sollen eingebunden werden und gemeinsame Visionen erarbeiten, wo
die Region sozial und wirtschaftlich in Zukunft stehen sollte. Gleichzeitig
wollen wir neue Formate wie Reallabo- re und Experimentierräume fördern, in
denen Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Kommunen gemeinsam an
Lösungen für Herausforderungen vor Ort arbeiten und forschen.
Klimaschutz-Sofortprogramm auflegen
Zentrale Grundlagen unserer Politik sind das Klimaabkommen von Paris sowie der
Bericht des Weltklimarates zum 1,5-Grad-Limit, der verdeutlicht, dass jedes
Zehntelgrad zählt, um das Über- schreiten von relevanten Kipppunkten im
Klimasystem zu verhindern. Es ist daher notwendig, auf den 1,5-Grad-Pfad zu
kommen. Dafür ist unmittelbares und substanzielles Handeln in den nächsten
Jahren entscheidend. Doch aktuell lahmt der Ausbau der erneuerbaren Energien,
der Kohleausstieg kommt zu spät, im Verkehrs- und Gebäudesektor geht es kaum
voran. Wir werden ein Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg bringen, das in
allen Sektoren sofort wirksame Maßnahmen anstößt, bestehende Ausbauhindernisse
beseitigt, naheliegende Einsparmöglich- keiten umsetzt. Wir werden das
ungenügende Klimaschutzgesetz und den Klimaschutzplan überarbeiten und – im
Einklang mit dem höheren neuen europäischen Klimaziel – das deutsche Klimaziel
2030 auf -70 Prozent anheben. Nur so kann es gelingen, dass wir Europäer*innen
deutlich vor Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden.
Klimagerechtes Wirtschaften belohnen
Effektiver und sozial gerechter Klimaschutz muss sich auch ökonomisch lohnen. Da
derzeit die Kosten der Schäden, die durch den Ausstoß einer Tonne CO2 entstehen,
nur sehr gering eingepreist werden, sind klimafreundlichere Alternativen oftmals
noch nicht wettbewerbsfähig. Das wollen wir durch einen klugen Mix aus CO2-
Preisen, Anreizen und Förderung sowie Ordnungs- recht ändern. Wollte man die
Klimaziele allein über die Bepreisung von CO2 erreichen, müsste der Preis 180
Euro betragen, was unweigerlich zu erheblichen sozialen Unwuchten führen wür-
de. Einige könnten sich rauskaufen, andere nicht mehr teilhaben. Wir sehen in
der CO2-Beprei- sung also ein Instrument von vielen, das wir wirksam und sozial
gerecht einsetzen wollen. Das Europäische Emissionshandelssystem (ETS) ist im
Lichte des neuen EU-Klimaziels für 2030 zu reformieren, um seine Lenkungswirkung
endlich voll und ganz zu erfüllen. Mit einer deutlichen Reduzierung von
Emissionszertifikaten und der Löschung überschüssiger Zertifikate vom Markt
erreichen wir einen CO2-Preis im Bereich Strom und Industrie, der dafür sorgt,
dass erneuerbare Energie statt Kohlestrom zu Einsatz kommt. Sollte das auf
europäischer Ebene nicht schnell ge- nug gelingen, setzen wir auf einen
nationalen CO2-Mindestpreis im ETS für Industrie und Strom. Für die Bereiche
Verkehr und Wärme wurde in Deutschland auf Druck der Klimabewegung und von uns
Grünen zudem ein CO2-Preis eingeführt, dessen Lenkungswirkung aber weiter
verbes- sert werden muss. Wir wollen die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro
auf das Jahr 2023 vor- ziehen. Danach soll der CO2-Preis so ansteigen, dass er
im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorgaben die
Erfüllung des neuen Klimaziels 2030 absichert.
Energiegeld einführen
Damit Klimaschutz sozial gerecht ist, wollen wir die Einnahmen aus dem CO2-Preis
direkt an die Bürger*innen zurückgeben. Dazu streben wir neben der Senkung der
EEG-Umlage ein Ener- giegeld an, das jede*r Bürger*in erhält. Über das
Energiegeld geben wir alle zusätzlichen CO2- Einnahmen an die Menschen zurück,
und zwar fair aufgeteilt pro Kopf. So kann man mit Kli- maschutz Geld verdienen
und es findet ein sozialer Ausgleich im System statt. Unterm Strich werden so
Geringverdiener*innen und Familien entlastet und vor allem Menschen mit hohen
Einkommen belastet. Bezieher*innen von Transferleistungen wie Arbeitslosengeld
II oder So- zialhilfe profitieren ebenfalls, da das Energiegeld nicht auf die
Grundsicherung angerechnet werden soll. Um zum Beispiel Pendler*innen mit
niedrigen Einkommen bei der Anpassung zu unterstützen, legen wir einen Fonds für
Transformationszuschüsse auf, der mit großzügigen Hilfen unterstützt, etwa beim
Umstieg auf ein emissionsfreies Auto.
CO2-Bremse für alle Gesetze
Wir wollen Klimaschutz systematisch in unserer Rechtsordnung aufnehmen. Die
Vorgaben des Pariser Klimavertrages wollen wir im Grundgesetz verankern und dem
Staat mehr Möglich- keiten geben, durch eine intelligente Steuergesetzgebung
klimaschonendes Verhalten zu be- lohnen und die fossilen Energieträger den
wahren Preis zahlen zu lassen. Für Genehmigungs- prozesse führen wir eine
Klimaverträglichkeitsprüfung ein. Mit einer CO2-Bremse machen wir Klimaschutz
zur Querschnittsaufgabe, indem wir Gesetze an ihrer Vereinbarkeit mit den natio-
nalen Klimaschutzzielen messen und ihre Klimawirkung entsprechend prüfen.
Wir schaffen Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren
Schneller raus aus der Kohle
Nach dem Willen der Großen Koalition werden in Deutschland Kohlekraftwerke noch
bis 2038 dem Klima und unserer Gesundheit schaden. Das ist mit den Klimazielen
nicht vereinbar. Wir setzen uns dafür ein, den Kohleausstieg bis 2030 zu
vollenden. Um nicht erneut den Kohle- konzernen Milliarden an Steuergeldern zu
schenken, wollen wir die massiven Klimaschäden der Kohleverstromung einpreisen.
Das ist am sinnvollsten über den EU-Emissionshandel zu regeln – mit einem
lenkenden CO2-Preis, der dem neuen EU-Klimaziel entspricht. Ein beschleunigter
Kohleausstieg bedarf im Sinne der Versorgungssicherheit eines massiven Ausbaus
der erneu- erbaren Energien. Zugleich wollen wir für den Gesundheitsschutz die
Grenzwerte für Immis- sionen, insbesondere Quecksilber, aus Großfeuerungsanlagen
anheben. Niemand soll mehr für einen Tagebau sein Zuhause verlassen müssen.
Auf jedes neue Dach eine Solaranlage
Wir wollen eine Energiewende, bei der alle mitmachen können – Mieter*innen wie
Hausbesit- zer*innen. Unsere Dächer können zu Kraftwerken werden – jedes Dach
mit Solaranlage hilft dem Klimaschutz. Die eigene Strom- und Wärmeenergie wird
dezentral und vor Ort erzeugt und genutzt. Unser Ziel sind 1 Million neue
Solardächer in den kommenden vier Jahren. Des- halb werden wir Solardächer
fördern und zum Standard machen. Beginnend mit Neubauten, öffentlichen und
Gewerbegebäuden sowie Dachsanierungen wollen wir diesen Standard per-
spektivisch auf den Bestand ausweiten. Leasing- und Pachtmodelle können hier
unterstützend wirken. Die Mieterstrom-Regeln werden wir deutlich vereinfachen.
Mit allen diesen Maßnahmen schaffen wir eine Verdoppelung der derzeitigen
Photovoltaik-Zubaurate.
Photovoltaik in die Fläche bringen
Die Photovoltaik wollen wir nicht nur auf die Dächer, sondern auch in die Fläche
bringen. Neue Flächenkonkurrenzen wollen wir dabei vermeiden. Der Ausbau soll
neben Autobahnen und Schienen auf versiegelten Flächen, etwa über Parkplätzen
und Brachen und auf Konversions- oder Bergbauflächen, erfolgen und nicht auf
wertvollem Ackerland. Agri-Photovoltaikanlagen, d. h. Stromproduktion und
landwirtschaftliche bzw. gartenbauliche Nutzung auf einer Fläche, können einen
wichtigen Beitrag für Klimaschutz und Ökologie leisten. Wenn man es richtig
anstellt, können Freiflächen-Anlagen zu kleinen Biotopen werden.
Landwirtschaftsbetriebe sollen für ökologische Leistungen Geld erhalten und so
zusätzliche Erträge erzielen. Wichtig zudem ist die Möglichkeit, direkte
langfristige Stromlieferverträge abschließen zu können. Bei der Planung gilt es
die Bürger*innen frühzeitig einzubeziehen und zu beteiligen, von den Er- lösen
müssen die Kommunen profitieren.
Mit Windenergieausbau den Wirtschaftsstandort Deutschland sichern
Auch beim Ausbau der Windkraft müssen wir schneller vorankommen. Unser Ziel ist
ein jährlicher Zubau von 5 bis 6 GW Wind an Land, bei Wind auf See wollen wir 35
GW bis 2035 erreichen. Beim Windausbau gilt es den Konflikt mit Natur- und
Artenschutz zu minimieren, Anwohner*innen zu schützen und die Verfahren zur
Genehmigung zu beschleunigen. In einem ersten Schritt wollen wir die
erneuerbaren Energien als zwingend für die Versorgungssicherheit definieren und
dafür 2 Pro- zent der Fläche bundesweit nutzen. Alle Bundesländer haben hierfür
ihre entsprechenden Beiträge zu leisten. Verhinderungsplanungen, etwa über
exzessive Mindestabstände zu Siedlungen, müssen der Vergangenheit angehören. Mit
frühzeitiger Bürger*innenbeteiligung, klaren Vorrang- bzw. Eig- nungsgebieten
für Wind sowie mit Ausschlussgebieten sorgen wir für eine anwohner*innenfreund-
liche und naturverträgliche Standortwahl und stärken den Populationsschutz bei
Vögeln. Wir wer- den die Planungs- und Genehmigungsverfahren durch vereinfachte
Verfahren, mehr Personal und einheitliche Bewertungsmaßstäbe beschleunigen.
Repowering wollen wir erleichtern, sodass alte Windenergieanlagen am gleichen
Standort zügig durch leistungsstärkere ersetzt werden können. Wir bauen unsere
Offshore-Parks weiter aus und verbinden sie in der Europäischen Energieunion mit
den Solarparks der Mittelmeerstaaten, mit der Wasserkraft Skandinaviens und der
Alpen. Je ver- netzter, desto stärker. Ein Kontinent ist für die Energiewende
eine gute Größe.
Unsere Energieinfrastruktur klimaneutral machen
Klimaneutralität in weniger als 30 Jahren heißt, dass die eine fossile
Infrastruktur nicht einfach durch eine andere fossile Infrastruktur ersetzt
werden darf. Die Planung unserer Infrastruktur für Strom, Wärme und Wasserstoff
braucht daher ein Update und muss Klimaneutralität in den Mit- telpunkt stellen.
Neue Gaskraftwerke oder Infrastrukturen, die wir für den Kohleausstieg brau-
chen, darf es deshalb nur geben, wenn sie bereits Wasserstoff-ready geplant und
gebaut werden. Denn auch Erdgas ist ein klimaschädlicher Brennstoff,
insbesondere wenn man die zusätzlichen Emissionen bei seiner Förderung und dem
Transport mit einrechnet. Öffentliche Gelder für neue Import-Infrastruktur
wollen wir daran binden, dass die fossilen Energieträger darüber nur noch in
einem begrenzten Zeitrahmen transportiert werden. Neue Erdgas-Pipelines wie Nord
Stream 2 zementieren auf Jahrzehnte Abhängigkeiten von klimaschädlichen
Ressourcen und konterkarie- ren die Energiewende. Sie sollten daher – im
konkreten Fall von Nord Stream 2 – auch aus geo- politischen Gründen gestoppt
werden. Damit stärken wir unsere energiepolitische Souveränität.
Eine grüne Wasserstoffstrategie
Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ist zentral für eine klimaneutrale Welt.
Deutschland ist bei den Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff vorne, diese
Führungsrolle wollen wir weiter ausbauen. Mit einer klaren Priorisierung und
einem umfassenden Förderprogramm wer- den wir die Kapazitäten zur
Wasserstoffherstellung in Deutschland schaffen. Die Infrastruktur für
Wasserstoffimporte müssen wir jetzt etablieren. Wir werden faire Kooperationen
mit wind- und sonnenreichen Ländern anstoßen und ausbauen, um zusätzlich
Wasserstoff zu importieren. Für den Erfolg dieser Kooperationen ist es
unabdingbar, die lokale Bevölkerung einzubeziehen, Menschenrechte zu schützen
und sich an den nachhaltigen Entwicklungszielen zu orientieren. Damit
Wasserstoff zur Klimaneutralität beiträgt, muss er aus erneuerbaren Energien
hergestellt werden. Das gilt auch für Wasserstoffimporte. Die Vorstellung, alte
fossile Technologien wie Ver- brennungsmotoren mit Wasserstoff oder
synthetischen Kraftstoffen zu betreiben, ist bestenfalls eine Illusion,
schlimmstenfalls eine Verzögerungstaktik. Die Herstellung von Wasserstoff und
synthetischen Kraftstoffen ist extrem energieintensiv und teuer, die direkte
Nutzung von Strom durch Batterien oder Wärmepumpen viel effizienter. Es gilt
daher Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe dort zum Einsatz zu bringen, wo
sie wirklich gebraucht werden: etwa in der Industrie oder beim Flugverkehr.
Einen Markt für Ökostrom schaffen
Die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor über 20 Jahren war
der Startschuss für die Energiewende in Deutschland. Doch jetzt, bei einem
Erneuerbaren-Anteil von fast 50 Pro- zent im Strombereich, brauchen wir ein
Energiemarktdesign, das Ökostrom in den Mittelpunkt rückt und zugleich die
Sektorenkopplung unterstützt. Unser Ziel ist, dass erneuerbarer Strom künftig
stärker marktgetrieben und systemdienlich vergütet wird. In einem ersten Schritt
werden wir dafür sorgen, dass auch außerhalb des EEG langfristige Lieferverträge
zwischen Ökostromer- zeugern und Verbraucher*innen geschlossen werden können.
Zudem wollen wir den Ökostrom- markt für neue EEG-Anlagen öffnen, sodass
Endkund*innen deren Strom direkt kaufen können. In einem zweiten Schritt geht es
darum, nicht die Arbeit, sondern die zur Verfügung gestellte Leistung zu
entlohnen. Damit stärken wir Sektorenkopplung und Versorgungssicherheit. Wenn
bei fossilen Energien die CO2-Kosten stärker eingepreist und neue Instrumente
etwa für Refinan- zierung und Mietermodelle geschaffen sind, kann in einem
dritten Schritt die EEG-Umlage für Neuanlagen auslaufen.
Die Bürger*innen an der Energiewende beteiligen
Wir wollen, dass von der Energiewende möglichst viele profitieren. Deshalb
werden wir Bürger*in- nen-Projekte bei Wind- und Solarparks besonders fördern
und die Kommunen verbindlich an den Einnahmen aus den Erneuerbaren-Anlagen
beteiligen. Gerade der ländliche Raum kann so von den Gewinnen profitieren.
Bürger*innen-Energieprojekte wollen wir mit einer Ausnahmeregelung bei den
Ausschreibungen wieder stärken. Zudem wollen wir Mieterstrom fördern und
entbürokratisieren, da- mit Mieter*innen stärker die Möglichkeit bekommen, vom
Ausbau der Erneuerbaren zu profitieren.
Netzausbau beschleunigen
Um die Energiewende zum Erfolg führen zu können, müssen wir auch die
Stromleitungen schneller ausbauen. Sie sorgen dafür, dass der Strom von dort, wo
er erzeugt wird, so schnell wie möglich dorthin gelangt, wo er benötigt wird.
Voraussetzung für einen weiteren Netzausbau ist, dass er systemdienlich erfolgt
und alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die bestehenden Netze optimal
auszunutzen. Zentral ist eine frühzeitige Bürger*innenbeteiligung. Sie erhöht
die Qualität der Planung und trägt nachweislich dazu bei, dass potenzielle
Klagegründe bereits zu Beginn gemeinsam ausgeräumt statt am Ende vor Gericht
geklärt werden. Klar ist auch: Die Er- neuerbaren genießen Vorrang im Netz. Da
Stromübertragungsnetze natürliche Monopole und zugleich kritische Infrastruktur
darstellen, wollen wir den öffentlichen Einfluss darauf stärken. Dazu wollen wir
nach Möglichkeit die staatlichen Anteile an den vier Übertragungsnetzbetrei-
bern in Deutschland erhöhen und sie in eine Bundesnetzgesellschaft in Bundeshand
überführen. Wir treiben außerdem eine Reform der Netzentgelte voran, um über
einheitliche Verteilnetzent- gelte zu mehr Fairness zwischen Stadt und Land und
Nord und Süd beizutragen.
Klima-Sanierungsoffensive bei Gebäuden
Es ist höchste Zeit, dass alle Neubauten und umfassende Sanierungen klimaneutral
erfolgen. Dreh- und Angelpunkt sind hohe Baustandards: bei Neubauten KfW 40, was
in etwa dem Passiv- hausstandard entspricht, im Gebäudebestand nach Sanierung
KfW 55 – mit Ausnahmen für denk- malgeschützte Gebäude. Die Sanierungsquote muss
deutlich gesteigert werden. Für den Bestand muss gelten: Sobald ein
Eigentümerwechsel erfolgt, wird ein Sanierungsfahrplan erstellt. Wenn im
Gebäudebestand ein Heizungsaustausch ansteht oder umfassend saniert wird, sollen
Erneu- erbare, wo immer möglich, verbindlich zum Einsatz kommen. Wir legen dazu
ein Investitions- programm für 2.000.000 Wärmepumpen bis 2025 auf. Auch die
Fern- und Nahwärme wollen wir dekarbonisieren. Dabei ist es für die
Energieeffizienz maßgeblich, von der Einzelbefeuerung weg und hin zu verknüpften
Systemen zu kommen, in denen aus verschiedenen Erneuerbaren-Quel- len wie
Abwärme, Solarthermie oder Power-to-Heat Wärme eingespeist wird. Solche
verbunde- nen Energiesysteme werden wir fördern, besonders in städtischen
Gebieten.
Wärmewende fair gestalten
Die Wärmewende muss mit wirksamem Mieter*innenschutz und gezielter Förderung
einher- gehen. Wir wollen mit dem sogenannten Drittelmodell die Kosten für
klimafreundliche Mo- dernisierungen fair zwischen Vermieter*innen, Staat und
Mieter*innen verteilen, sodass sie für alle bezahlbar und für die
Vermieter*innen angemessen wirtschaftlich werden. Die Moderni- sierungsumlage
wollen wir strikt begrenzen, damit Kosten nicht einfach auf die Mieter*innen
abgewälzt werden können. Mit einem Zuschuss zum Wohngeld, dem Klimawohngeld,
ermög- lichen wir auch Empfänger*innen von Wohngeld, in klimafreundlichen
Wohnungen zu leben. Die Lenkungswirkung des CO2-Preises im Wärmesektor verbessern wir, indem die Entscheider*innen für Klima-Investitionen am Gebäude diesen CO2-Preis zahlen: die Eigentümer*innen. Eigenheimbesitzer*innen werden wir mit Steuervergünstigungen
und zielgerichteten Förder- programmen helfen.
Atomausstieg vollenden – Endlagersuche zum Erfolg führen
Wir werden Ende 2022 den Atomausstieg in Deutschland vollenden. Doch obwohl
Atomkraft eine Hochrisikotechnologie ist, wird bei uns immer noch Uran
angereichert, werden Brennstäbe her- gestellt und exportiert. Unser Ziel ist es,
die Atomfabriken in Gronau und Lingen durch eine res- triktivere Exportpolitik
stark einzuschränken und perspektivisch zu schließen. Zum Atomausstieg gehört
auch, einen Endlagerstandort für den hochradioaktiven Atommüll zu finden. Wir
beken- nen uns zum verabredeten Pfad der Endlagersuche. Entscheidend für den
Endlagerstandort sind höchste Sicherheitsstandards bei bestmöglichen
geologischen Bedingungen und Rückholbar- keit; die Suche hat auf Basis von
wissenschaftlichen Kriterien und mit größtmöglicher Transpa- renz und
Beteiligung der Bevölkerung zu erfolgen. Auch in der EU wollen wir den Einstieg
in den Ausstieg vorantreiben. Wir setzen uns dafür ein, den Euratom-Vertrag zu
reformieren. Gemeinsam mit anderen engagierten Mitgliedstaaten wollen wir dafür
sorgen, dass nicht mehr die Atomkraft privilegiert wird, sondern die
erneuerbaren Energien stärker gefördert werden.
Wir sorgen für nachhaltige Mobilität
Investitionen für starke Bahnen in Stadt und Land
Die Bahn ist ein öffentliches, soziales Gut und das Rückgrat einer nachhaltigen
Mobilitätswende. Wir wollen den Bahnverkehr ausbauen, alle deutschen Großstädte
mit regelmäßigen Verbindungen an den Fernverkehr anschließen und in ländlichen
Räumen in größerem Umfang Anschlüsse an das Schienennetz reaktivieren.
Entwidmung von Bahnstrecken soll es nicht mehr geben. Auch den grenz-
überschreitenden Zugverkehr gilt es im Rahmen eines Europatakts deutlich zu
stärken, ein attraktives europäisches Schnell- und Nachtzugnetz aufzubauen und
die Lücken in regionalen, grenzüberschrei- tenden Nahverkehrsverbindungen zu
schließen. Bahnhöfe wollen wir zu modernen Mobilitätsstatio- nen aufwerten und
die Kombination von Fahrrad und öffentlichem Verkehr stark verbessern. Die In-
vestitionsmittel für die Bahn werden wir dafür massiv anheben. Den Deutsche-
Bahn-Konzern wollen wir transparenter und effizienter machen, die Strukturen für
mehr Schienenverkehr neu ordnen und in neuer staatlicher Verantwortung am
Gemeinwohl ausrichten. Der Bund muss zudem mehr Verant- wortung für das
Schienennetz und die Koordinierung des Zugverkehrs im Deutschlandtakt überneh-
men. Wir setzen auf ein Wachstum der Schiene und sichere Arbeitsplätze im
Bahnbereich.
ÖPNV ausbauen
Busse und Bahnen sind für alle da, bieten preiswerte Mobilität und verringern
den Autoverkehr. Wir wollen die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis 2030 verdoppeln. Dazu
muss der öffentliche Personennahverkehr attraktiver und innovativer und mit dem
Fernverkehr verknüpft werden. Zusam- men mit den Ländern werden wir eine
Zukunfts- und Ausbauoffensive starten, Investitionen in Fahrzeuge und das ÖPNV-
Netz erhöhen, die Mittel für den Betrieb von Regionalbahnen auswei- ten und die
Finanzierungsinstrumente an das Ausbauziel anpassen. Auch die Beschaffung von
emissionsfreien Bussen wollen wir durch attraktive Konditionen für die Kommunen
vorantreiben. In Modellprojekten sind Kommunen dabei zu unterstützen, auf einen
umlagefinanzierten preis- werten ÖPNV umzusteigen.
Fahrradnetz für ganz Deutschland
Das Fahrrad hat für die Mobilitätswende riesiges Potenzial. Um es auszuschöpfen,
wollen wir Deutschland zum Fahrradland machen. Radfahren muss sicher und
attraktiv sein – überall. Radwege in Städten, Pendelstrecken oder Verbindungen
von Dorf zu Dorf wie auch touristische Radwege sollen sich durch hohe Qualität
und eine gute Beschilderung auszeichnen. Unsere Vision ist ein lückenloses
Fahrradnetz in ganz Deutschland. Wir richten die Verkehrspolitik an den Zielen
und Empfehlungen des Nationalen Radverkehrsplans aus, erhöhen die Förderpro-
gramme für Ausbau und Modernisierung der Radinfrastruktur und reformieren das
Straßen- verkehrsrecht, damit Radfahrer*innen besser geschützt sind und mehr
Platz im Straßenraum bekommen.
Mobilpass einführen
Autonomes Fahren, vernetzte Mobilitätsangebote, nutzen statt besitzen – der
digitale Fort- schritt wird unseren Alltag in den nächsten Jahren grundlegend
verändern. Wir wollen die deutsche Mobilitätswirtschaft zum Vorreiter für neue
Mobilitätslösungen machen und die Chancen der Digitalisierung für eine
Verkehrswende nutzen. Echtzeitinformationen und ein einheitliches Ticketsystem
müssen im ÖPNV Standard werden. Damit man problemlos überall von A nach B kommt,
wollen wir mit dem Mobilpass die Angebote von 120 Verkehrs- und Tarif- verbünden
in Deutschland verknüpfen und Sharing- und Ridepooling-Dienste so integrieren,
dass Sozial- und Umwelt-Dumping ausgeschlossen sind. Wir wollen den Wechsel zu
Fahrrad, Bus und Bahn für alle möglich machen und auch finanziell fördern.
Deshalb wollen wir mit dem Mobilpass auch attraktive Tarife und Sozialtarife
fördern. Ein Haushalt, der sein Auto dau- erhaft abmeldet, soll zudem für ein
Jahr eine Mobilitätsprämie für die Nutzung umweltfreund- licher Verkehrsmittel
bekommen. Für autonomes Fahren schaffen wir einen Rechtsrahmen mit Schwerpunkt
auf dem öffentlichen Verkehr.
Mehr Sicherheit im Straßenverkehr
Alle Menschen sollen sich in ihrem Alltag angstfrei fortbewegen und unversehrt
ihre Ziele erreichen können. Damit mehr Menschen auf das Fahrrad steigen, öfter
zu Fuß gehen – sei es zur nächsten Haltestelle oder S-Bahn-Station – und auf
diese Weise Städte vom Autover- kehr entlasten, sind zeitgemäße Verkehrsregeln,
die folgenschwere Verkehrsunfälle verhindern, entscheidend. Unser Ziel ist die
Vision Zero, d. h. keine Toten und Schwerverletzten mehr im Straßenverkehr. Wir
wollen Kommunen ermöglichen, in geschlossenen Ortschaften das Regel- Ausnahme-
Verhältnis beim Tempolimit umzukehren. Für die Autobahnen wollen wir ein Si-
cherheitstempo von 130 Stundenkilometern. Um die vielen Unfälle von
Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen in Innenstädten durch abbiegende
Schwerlasttransporter zu verhindern, wollen wir verpflichtende Vorgaben für Lkw-
Abbiegeassistenzsysteme einführen.
Autos der Zukunft bauen
Das Auto der Zukunft wird im Sinne der Lebensqualität aller leiser, digitaler
und klimaneutral sein. Der technologische Wettlauf ist in vollem Gange. Damit
das Auto der Zukunft weiter in Deutschland entwickelt und produziert wird,
braucht es klare politische Leitplanken. Ab 2030 sollen deshalb nur noch
emissionsfreie Autos neu zugelassen werden, zum Beispiel durch eine ansteigende
nationale Quote für emissionsfreie Autos. So sorgen wir für saubere Luft in In-
nenstädten, erfüllen unsere Klima- und Umweltziele, und die Automobilindustrie
kann ihre Entwicklungsarbeit verlässlich auf Elektromobilität ausrichten. Das
sichert zukunftsfähige Arbeitsplätze und neue Geschäftsmodelle. Wir setzen uns
für schärfere europäische CO2-Flot- tengrenzwerte ein. Den Kauf emissionsfreier
Autos wollen wir über ein Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer fördern. Saubere
Autos werden billiger, klimaschädliche teurer. Wir beenden die Dieselsubvention
und gestalten die Dienstwagenbesteuerung ökologisch um. Wir beschleu- nigen den
flächendeckenden Ausbau einer einheitlichen Ladeinfrastruktur, inklusive
Schnell- ladesäulen und öffentlicher Ladepunkte im ländlichen Raum. Laden muss
flächendeckend in Deutschland und Europa schnell und bequem möglich sein.
Moderne Verkehrsinfrastruktur
Die Verkehrspolitik hat jahrzehntelang einseitig Straßenbau und Pkw-Verkehr
gefördert. Sie reißt damit alle Klima- und Nachhaltigkeitsziele und führt doch
tagtäglich zu Staus. Das hat keine Zu- kunft – moderne Mobilität für dieses
Jahrhundert verlangt neue Prioritäten. Deutschland braucht eine
Infrastrukturentwicklung, die an den Zielen der Mobilität für alle und an
Klimaneutralität ausgerichtet ist und den Fokus auf den Ausbau von Schienen,
Radwegen und auf eine intelligen- te Vernetzung umweltfreundlicher
Verkehrsmittel legt. Auch die Vermeidung von Verkehr, unter anderem durch
bessere Bedingungen für Homeoffice und die Wiederkehr der Nahversorgung in Orte
und Stadtviertel, werden wir unterstützen. Wir werden einen Bundesnetzplan 2050
er- arbeiten, in dem der Neu- und Ausbau der Verkehrsträger Straße, Schiene und
Wasserstraßen im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele neu bewertet wird.
Die anstehende Überprüfung des aktuellen Bundesverkehrswegeplans werden wir
nutzen, um nicht planfestgestellte Straßenneu- bauprojekte, insbesondere
Autobahnabschnitte, noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und mit einem
Klima- und Umweltcheck neu zu bewerten. Die Investitionen werden wir umschichten
zugunsten der Sanierung maroder Infrastruktur und des Ausbaus der Schienen- und
Radwege- infrastruktur.
Mobil auf dem Land durch eine Mobilitätsgarantie
Das Auto ist für viele Menschen im ländlichen Raum unverzichtbar und gerade für
viele Fa- milien im ländlichen Raum kaum wegzudenken. Dort setzen wir deshalb an
erster Stelle auf die Chancen der Antriebswende. Das E-Auto ist insbesondere im
Paket mit Solaranlagen auf dem Dach, einem Stromspeicher im Keller und einer
Wallbox in der Garage eine zukunftsfä- hige Lösung, die wir gerade im ländlichen
Raum ausbauen wollen. Doch auch auf dem Land muss Mobilität ohne Auto möglich
sein, das Angebot muss wachsen, gerade für Pendler*innen, Jugendliche und ältere
Menschen. Wir wollen die Länder dabei unterstützen, eine Mobilitäts- garantie
mit Standards für Erreichbarkeit und Erschließung einzuführen, erweiterte
Angebote an öffentlicher Mobilität in ländlichen Räumen zu entwickeln und
Radwege auszubauen. Ge- rade in strukturschwachen Regionen braucht es eine
regelmäßige und verlässliche Anbindung an den ÖPNV, an
Mobilitätsdienstleistungen wie Ridepooling- und On-Demand-Verkehre sowie
öffentliche Stromtankstellen.
Mobilitätswende in der Stadt
Nirgendwo wird die Mobilitätswende sehnlicher erwartet als in den Innenstädten:
Unfälle, Staus, Abgase, Lärm, zu wenig Platz für Kinder zum Spielen – die
autozentrierte Stadt ist nicht nur klimaschädlich, sondern auch kein schöner Ort
zum Leben. Wir wollen die Städte bei der Mobilitätswende gezielt unterstützen,
es ihnen erleichtern, sichere Radwege und attraktive Fußwege anzulegen und
verkehrsberuhigte oder autofreie Innenstädte und Stadtviertel zu schaffen. Die
Städte sollen mehr Möglichkeiten bekommen, regulierend in den Autoverkehr
einzugreifen und öffentlichen Raum neu aufzuteilen, zum Beispiel indem Autos
nicht mehr überall, sondern nur noch auf gekennzeichneten Plätzen parken dürfen.
Die Ausweitung von umweltfreundlichem Carsharing werden wir fördern, damit der
Pkw-Bestand in den Städten abnimmt.
Flugverkehr klimaneutral ausrichten
Fliegen hat unsere Welt näher zusammengebracht. Zugleich ist es wegen seines
immensen Kerosinverbrauchs die klimaschädlichste Fortbewegungsart. Nach der
Pandemie wollen wir kein Zurück zum blinden Wachstum des Luftverkehrs, sondern
diesen am Ziel der Klimaneu- tralität ausrichten. Kurzstreckenflüge wollen wir
bis 2030 überflüssig machen, indem wir die Bahn massiv ausbauen. Die Zahl von
Langstreckenflügen gilt es zu vermindern und das Flie- gen gleichzeitig zu
dekarbonisieren. Um Kerosin durch klimaneutrale Treibstoffe zu ersetzen, wollen
wir die bestehende Beimischungsquote erhöhen und einen Anstiegspfad
festschreiben. Den Aufbau von Produktionsanlagen und moderner
Flugzeugtechnologie fördern wir. Umwelt- schädliche Subventionen im Flugverkehr
sind abzubauen und Finanzhilfen für unwirtschaft- liche Regionalflughäfen zu
beenden. Neben einer Reduktion des Fluglärms durch weniger und bessere Flugzeuge
braucht es ein echtes Nachtflugverbot.
Zukunftsfähiger Güterverkehr
Jeden Tag werden durch Deutschland Millionen Tonnen an Gütern transportiert,
heute zumeist in Form endloser Lkw-Karawanen auf unseren Straßen. In einem
klimaneutralen Deutschland muss auch der Güterverkehr zukunftsfähig sein. Wir
setzen auf regionale Wirtschaftskreisläufe, die Chancen der Digitalisierung und
Vernetzung bei der Organisation der Logistik und wollen mehr Güter mit der Bahn
transportieren. Dazu wollen wir die Kombination von Straße und Schiene
ertüchtigen und dafür sorgen, dass Industrie und Gewerbe wieder ans Bahnnetz
ange- schlossen werden. In der Schifffahrt heißt es: weg vom Schweröl und
stattdessen den Einsatz alternativer Kraftstoffe und Antriebe forcieren. Den
ausufernden Lkw-Verkehr wollen wir durch eine CO2-orientierte Maut regulieren.
Zusammen mit ambitionierten CO2-Flottengrenzwerten und der Förderung
klimafreundlicher Antriebe werden auch Lkw absehbar emissionsfrei. Für mehr
Sicherheit im Lkw-Bereich braucht es eine bessere Durchsetzung von
Arbeitszeitvor- schriften. Auch die Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer*innen
müssen erheblich verbessert werden. In der städtischen Logistik wollen wir den
Einsatz von Lastenrädern und neue Verteil- konzepte wie Cityhubs oder
Güterbeförderung auf Schienen fördern.
Wir schützen Natur und Umwelt für ein gutes Leben
Artensterben stoppen
Biologische Vielfalt sichert das Leben auf der Erde. Ökologische Leitplanken
müssen daher unser Handeln definieren – als „Barometer des Lebens“. Um die Krise
der Artenvielfalt zu über- winden und das massenhafte Artensterben zu beenden,
brauchen wir vor allem eine andere Landnutzung. Wie beim Klimaschutz zählt beim
Naturschutz jeder Tag. Deshalb werden wir hier ein Sofortprogramm Artenschutz
auflegen, mit dem wir den Pestizideinsatz verringern, den Einsatz von Glyphosat
untersagen, den Verkauf von naturwertvollen bundeseigenen Flä- chen zur Bebauung
und die Entwässerung von moorigen Standorten im Bundesbesitz stoppen. Wir werden
Naturschutzkorridore schaffen, Natura-2000-Gebiete gemeinsam mit den Ländern
verteidigen und verbessern sowie Schutzgebiete, wo möglich, vergrößern bzw. neue
schaffen. 10 Prozent der Gelder aus dem Energie- und Klimafonds sollen für
Klimaschutz durch Natur- schutzmaßnahmen eingesetzt werden. Mit einem
Wildnisfonds wollen wir dafür sorgen, dass sich auf mindestens 2 Prozent der
Landesfläche wieder echte Wildnis entwickeln kann. Um Na- tur zu retten, gilt es
bis 2030 den Flächenverbrauch zu halbieren. Bei neuer Straßenverkehrs-
infrastruktur sowie Siedlungs- und Industriegebieten muss mehr auf den
Naturschutz geachtet werden. Das werden wir bei Bundesinfrastrukturprojekten
umsetzen und zugleich Landes- und Kommunalverwaltungen dabei unterstützen, nicht
mehr benötigte versiegelte Flächen der Na- tur zurückzugeben oder im
Innenbereich zu verdichten.
Unseren Wald retten
Unser Wald ist durch die Klimakrise stark bedroht. Wir erleben heute schon ein
Waldsterben, das weitaus größere Schäden anrichtet, als in den 80er Jahren durch
den sauren Regen ent- standen sind. Naturnahe, artenreiche und klimastabile
Waldökosysteme sind widerstandsfä- higer als Monokulturen. Wir wollen
gesetzliche Mindeststandards für eine naturnahe Wald- bewirtschaftung festlegen
und den Umbau und die Wiederbewaldung nach ökologischen Bewirtschaftungsvorgaben
unterstützen. Das dient auch dem ökonomischen Mehrwert. Die Bewirtschaftung von
Flächen der öffentlichen Hand soll an ökologische Kriterien – im Wald nach FSC,
in der Landwirtschaft nach Ökolandbau zertifiziert – geknüpft werden. Wir wollen
5 Prozent unserer Wälder komplett aus der Nutzung nehmen. Dazu weisen wir
Naturwälder aus und machen sie zu Urwäldern von morgen. Weitere Dürrejahre
vergrößern die Waldbrandge- fahr. Gemeinsam mit Kommunen und Ländern wollen wir
eine bundesweite Präventions- und Bekämpfungsstrategie erarbeiten.
Biologische Vielfalt an Land und im Meer schützen
Der Artenrückgang und die Zerstörung natürlicher Lebensräume schreiten auch
global wei- ter voran. Wir werden uns für ein ambitioniertes Abkommen der
Vereinten Nationen zum Er- halt der biologischen Vielfalt einsetzen. Es sollen
entsprechend der Biodiversitätsstrategie der Europäischen Union mindestens 30
Prozent der Landfläche und 30 Prozent der Meere ge- schützt werden, davon 10
Prozent der EU-Landflächen und 10 Prozent der EU-Meeresgebiete mit strengen
Schutzvorgaben, nötig ist außerdem ein Entwaldungsstopp für die Schutzgebiete an
Land. Die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung wollen wir in einem solchen
Abkommen als neue Leitprinzipien verankern und für eine kohärente Politik
sorgen. Insbesondere im Meeres- bereich verfolgen wir eine gemeinsame
internationale Meeresstrategie. Wir werden uns dafür einsetzen, den Schutz der
Meere über verbindliche Abkommen zu schärfen, Vollzugsdefizite und Regellücken
zu schließen und damit den Schutz des Meeres in den Fokus zu rücken, damit
legale Verschmutzung, wie zum Beispiel Tankwäschen auf hoher See, verboten und
Übernut- zung verhindert wird.
Flüsse und Moore schützen
Die Renaturierung von Flüssen und Wäldern und die Wiedervernässung von Mooren –
all das schützt nicht nur seltene Lebensräume und die Biodiversität, sondern
auch das Klima. Na- turnahe Bäche und die letzten frei fließenden Flüsse wie die
Elbe müssen erhalten bleiben, einen Ausbau der Oder lehnen wir ab. Flüsse mit
weiten Auen und Überschwemmungsgebieten sind auch der beste Schutz gegen
Hochwasser. Daher werden wir die Aufgaben der Bundes wasserstraßenverwaltungen
stärker ökologisch ausrichten. Spezifische Programme für wilde Bäche, naturnahe
Flüsse, Seen, Auen und Feuchtgebiete wie das Blaue Band wollen wir stärken und
die EU-Wasserrahmen-Richtlinie konsequent umsetzen. Moorschutz ist Klimaschutz.
Daher wollen wir unsere Moore so schnell wie möglich wiedervernässen. Dazu legen
wir gemeinsam mit den Ländern ein großflächig wirksames Moor-
Renaturierungsprogramm auf. Wiederver- nässte Moore müssen zu einem Teil
Schutzgebiete werden, ein anderer Teil sollte nachhaltig genutzt werden. Daher
wollen wir Paludikultur stärken, also die landwirtschaftliche Nutzung von nassen
Hoch- und Niedermooren.
Sauberes Wasser ist Leben
Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Nitrat, Waschmittelrückstände und
Medikamenten- reste, die Grundwasser, Seen und Flüsse belasten, gehören nicht
ins Abwasser. Deshalb wollen wir klare gesetzliche Vorgaben etwa zur
Flächenbindung der Tierhaltung und des Pestizid- einsatzes verankern. Ein
Verursacherfonds und eine Reform der Abwasserabgabe sollen so zu einer fairen
Verteilung der Kosten von Abwasser- und Trinkwasseraufbereitung führen. Durch
eine Stärkung der Produktverantwortung von Herstellern und genaue Genehmigungs-
und Entsorgungsvorschriften für Medikamente können wir die Gefahren von
Arzneimittelrückstän- den im Wasser und Resistenzen von Keimen verringern.
Setzen wir das EU-Recht konsequent um, reduzieren wir den Eintrag von
hormonverändernden Stoffen und Mikroplastik im Wasser. Den Vorrang der
öffentlichen Wasserversorgung gegenüber gewerblicher Nutzung gilt es si-
cherzustellen, Wiederverwendung von Abwässern und Speicherung von Regenwasser
wollen wir regeln und Anreize zum Wassersparen schaffen.
Meere schützen, Plastikmüllflut stoppen
Die Meere befinden sich in einem katastrophalen Zustand – und dieser droht sich
durch wei- tere Versauerung, Überdüngung, Verschmutzung und Plastikmüll noch zu
verschlechtern. Um die Plastikmüllflut zu stoppen, wollen wir ein Sofortprogramm
mit verbindlichen Müllvermei- dungszielen auflegen. Wir wollen Technik und
Maschinen fördern, die eine Bergung der Mu- nitionsaltlasten in Nord- und Ostsee
ermöglichen. Um die Fischbestände zu stabilisieren und Fischer*innen eine
nachhaltige Perspektive zu geben, wollen wir eine regionale, umwelt- und
artenschonende Fischerei unterstützen und die Betriebe fördern, die Fangmengen
und Netz- längen reduzieren, die neue bzw. althergebrachte Fanggeräte erproben
oder einsetzen und sich für touristische Angebote öffnen. In
Meeresschutzgebieten regulieren wir die Schlepp- netz- und Stellnetzfischerei
sowie die touristische Nutzung. Aus den Erdölförderanlagen in der Nordsee treten
durch Unfälle, ölhaltigen Bohrschlamm mit Bohrabfällen und auch durch die
Abfackelung von Gas giftige Stoffe aus. Wir setzen uns für ein Ende der
Förderung fossiler Energieträger ein. In der deutschen Ausschließlichen
Wirtschaftszone (AWZ) wollen wir einen sofortigen Stopp neuer Öl- und
Gasbohrungen umsetzen sowie ein Förderende bis 2025. Auf europäischer und
internationaler Ebene setzen wir uns für ein Ende der Öl- und Gasförde- rung in
der gesamten Nord- und Ostsee ein. Wir wollen auch den Ausstieg aus dem Kies-
und Sandabbau vorantreiben. Für lebendige Weltmeere sind die Umsetzung der EU-
Meeresstrate- gie-Rahmenrichtlinie und verbindliche Abkommen über Fangquoten,
ein Ende der Fischerei- subventionen, ein Tiefseebergbaumoratorium sowie die
Ausweisung von großflächigen Mee- resschutzgebieten überlebensnotwendig.
Das Ende des Mülls
Der Mehrweganteil bei Getränken sinkt seit Jahren. To-go-Becher werden nur für
wenige Minuten genutzt, bevor sie zu Müll werden. Ausgediente Handys und Tablets
verstauben in Schubladen, obwohl sie wiederverwendet oder recycelt werden
könnten. Unser Ziel ist Zero Waste. Es soll kein Müll mehr verursacht und die
Ressourcenverschwendung gestoppt werden. Dafür wollen wir das komplizierte
Pfandsystem entwirren. Jede Flasche soll in jeden Pfand- automaten passen, den
To-go-Mehrwegbecher machen wir bis 2025 zum Standard. Auf euro- päischer Ebene
treten wir für ein EU-weites Pfandsystem ein. Damit Ressourcenschätze aus alten
Elektrogeräten zurück in den Kreislauf finden, schaffen wir ein Pfand auf
Handys, Tablets und energieintensive Akkus. Das Verpackungsgesetz entwickeln wir
zu einem Wertstoffgesetz weiter, das Mehrwegquoten und Pfand auf alle Einweg-
Plastikflaschen vorsieht. Die Kreislauf- wirtschaft wird das neue Normal. Im
Kreislaufwirtschaftsgesetz räumen wir allen ökologisch vorteilhaften
Mehrwegprodukten Vorrang ein. Wir setzen uns für ein Verbot des Exports von
Plastikmüll in Länder außerhalb der EU ein.
Giftfreie Produkte im Alltag
Plastikrückstände befinden sich bereits in den Körpern von Kindern und
Jugendlichen. Die Weltgesundheitsorganisation sieht in hormonstörenden
Chemikalien eine globale Gesund- heitsbedrohung. Wir wollen giftige Chemikalien,
die Erkrankungen wie Krebs, Diabetes oder ungewollte Kinderlosigkeit auslösen
können, aus allen Alltagsprodukten verbannen, indem wir das EU-Recht im
Chemikalienbereich schnell und konsequent umsetzen. Im Rahmen der
Chemikalienverordnung REACH wollen wir weitere Einschränkungen für gefährliche
Stoffe und werden entsprechende Vorschläge machen. Besonderes Augenmerk richten
wir auf Spiel- zeug, Kinderpflegeprodukte und andere Alltagsprodukte wie
Textilien, Möbel oder Elektronik. Deutschland sollte dem Beispiel Frankreichs
folgen und nachgewiesen giftige Chemikalien wie Bisphenol A in Kochgeschirr und
Lebensmittelverpackungen oder per- und polyfluorierte Kohlenwasserstoffe in
Papier und Pappe verbieten. Unser Ziel ist, dass die Menschen gesund in einer
gesunden Umwelt leben können.
Saubere Luft zum Atmen
Wir alle brauchen saubere Luft zum Atmen. Doch Abgase aus dem Verkehr, aus
Kohlekraftwer- ken oder alten Ölheizungen machen krank. Schlimmer noch: Nach
Berechnung der Europäi- schen Umweltagentur sterben allein in Deutschland pro
Jahr 70.000 Menschen vorzeitig durch von Luftverschmutzung verursachte
Krankheiten. Um die Luft zu verbessern, bietet die ökologische Modernisierung
riesige Chancen. E-Autos, Solar- und Windenergie schützen unsere Luft. Wir
wollen diese Entwicklung beschleunigen und die Minderungsziele für
Luftschadstoffe und die Grenzwert-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation
schnellstmöglich umsetzen.
Klimaanpassung und mehr Natur in der Stadt
Schon heute hat sich die Erde um 1,2 Grad erhitzt. Die Folgen sind mit
Hitzesommern, Wald- sterben und Dürren längst auch in unserem Land spürbar und
treffen oft die am härtesten, die in schwierigeren Umständen leben. Während wir
um jedes Zehntelgrad weniger an Erder- hitzung kämpfen, müssen wir uns zugleich
an diese Veränderungen anpassen. Unsere Städte wollen wir besser gegen
Hitzewellen wappnen – mit mehr Stadtgrün, Fassadenbegrünung und Trinkbrunnen. Es
gilt unsere Städte so umzugestalten, dass sie mehr Wasser aufnehmen und
speichern und im Sommer kühlend wirken. Öffentliche Trinkwasserversorgung muss
Vorrang vor einer Privatnutzung haben. Auch für Tiere und Pflanzen sind unsere
Städte immer wich- tigere Lebensräume. Wir wollen die Natur in der Stadt
ausweiten und dafür zum Beispiel die Lichtverschmutzung eindämmen, die sich
negativ auf Menschen und Tiere auswirkt.
Wir stärken Bäuer*innen, Tiere und Natur
Landwirtschaft fit für die Zukunft machen
Wir wollen Umwelt-, Tier-, Klima- und Gewässerschutz und landwirtschaftliche
Erzeugung mit- einander versöhnen. Die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu
machen – das begreifen wir als Aufgabe für die nächsten Jahre. Das geht nur mit
der Natur zusammen und mit einem Ver- ständnis von Natur, das sich an
Kreisläufen orientiert und sich dem Ressourcenschutz ver- pflichtet sieht. Das
bedeutet fruchtbare Böden, sauberes Wasser und intakte Ökosysteme, aber auch
faire Bezahlung von Landwirt*innen und ein geändertes Ernährungssystem. Wir
werden vielfältige Fruchtfolgen und widerstandsfähige Anbausysteme wie Agroforst
ebenso stärken wie die Nutzung von robusten Pflanzensorten und Tierrassen.
Digitale Anwendungen können bei entsprechender Ausrichtung die Landwirtschaft
umwelt- und klimafreundlicher machen, müssen aber auch – zum Beispiel über
Sharing-Konzepte – kleineren Betrieben offenstehen und bezahlbar sein. Den
Ökolandbau wollen wir umfangreich fördern und die Voraussetzungen dafür
schaffen, dass künftig immer mehr Bäuer*innen und Lebensmittelhersteller
umstellen. Monokulturen und chemische Dünger führen auch im globalen Süden zu
erheblichen Schäden für Gesundheit und Umwelt, während Kleinbäuer*innen durch
europäische Dumpingexporte, patentiertes Saatgut und Landraub weiter in die
Abhängigkeit getrieben werden. Das Recht auf Nahrung muss garantiert sein,
kleinbäuerliche Strukturen sollten gestärkt werden. Dafür unterstützen wir mit
unserer Agrar- und Entwicklungspolitik eine globale sozial-ökologische
Agrarwende.
Öffentliches Geld für öffentliche Leistung
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU sollte zu einem Instrument für eine
ökologische Agrarpolitik werden – und nicht wie bisher für die
Industrialisierung der Landwirtschaft. Das muss der Ausgangspunkt für einen
Gesellschaftsvertrag zwischen Bäuer*innen, Verbraucher*in- nen und Politik für
Klima- und Naturschutz sein. Wir wollen eine Reform, damit die Milliarden an
öffentlichen Geldern künftig für öffentliche Leistungen wie Klima-, Umwelt- und
Tierschutz eingesetzt werden. Um den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft
gemeinsam mit den Bäu- er*innen voranzutreiben, gilt es die nationalen
Spielräume für die bevorstehende Förderpe- riode bestmöglich zu nutzen. Dazu
gehören ein Ökolandbau-Anteil von 30 Prozent sowie eine Halbierung des Pestizid-
und Antibiotika-Einsatzes bis 2030. Wir wollen das System der Direkt- zahlungen
schrittweise durch eine Gemeinwohlprämie ablösen, die konsequent gesellschaft-
liche Leistungen honoriert. Bis zum Jahr 2028 wollen wir für die Hälfte der
Gelder eine öko- logische Zweckbindung erreicht haben.
Pestizide reduzieren
Es gibt viele Gründe, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft deutlich
herunterzufah- ren. Der Schutz der menschlichen Gesundheit gehört dazu. Vor
allem sind weniger Pestizide der wichtigste Hebel, um den Rückgang der
Artenvielfalt zu stoppen. Wir wollen den Ausstieg aus der Pestizidabhängigkeit
unserer Landwirtschaft schnell und machbar gestalten: durch eine systematische
Pestizidreduktionsstrategie, ein Sofortverbot für besonders umwelttoxische Wirk-
stoffe und das besonders häufig eingesetzte Pestizid Glyphosat. Um den Einsatz
von Pestiziden insgesamt zu reduzieren, führen wir eine Pestizidabgabe ein. Um
wirksamen Artenschutz zu be- treiben und unser Trinkwasser zu schützen, wollen
wir die Ausbringung von Pestiziden in Natur- schutzgebieten und
Trinkwasserschutzgebieten untersagen. Die Landwirt*innen werden durch Gelder der
Pestizidabgabe dafür entschädigt. Wir werden außerdem den Export von Pestiziden
beenden, die in Deutschland oder der EU aufgrund von Umwelt- und
Gesundheitsrisiken nicht zugelassen oder verboten sind. Wir wollen die
Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel verbessern und so Transparenz und
Unabhängigkeit stärken sowie ein kombiniertes Forschungs-, Umsetzungs- und
Beratungsprogramm für nicht synthetischen Pflanzenschutz auflegen.
Vielfältiges Saatgut ohne Patente
Eine vielfältige, gerechte und nachhaltige Landwirtschaft beginnt beim Saatgut.
Es ist nötig, die Zucht von robusten Sorten voranzutreiben. Angesichts der
Klima- und Biodiversitätskri- se wollen wir sowohl die Forschung für
ökologisches Saatgut stärken als auch neue Ansätze fördern. Gentechnikfreie
Produktion muss durch vorsorgeorientierte Zulassungsverfahren und
Kennzeichnungspflicht geschützt bleiben. Die Opt-out-Richtlinie der EU setzen
wir vollständig
in nationales Recht um. Die Risiko- und Nachweisforschung sowie innovative
Ansätze, die auf traditionelle und ökologische Züchtungsverfahren setzen, werden
wir stärken. Wir wollen das Patentrecht so ausrichten, dass es keine Patente auf
Pflanzen und Tiere sowie deren geneti- sche Anlagen mehr gibt.
Gerechte Einkommen und Arbeitsbedingungen für Bäuer*innen
Bäuerinnen und Bauern müssen von ihrer Arbeit leben können. Wir werden daher mit
Hilfe des Wettbewerbsrechts gegen Dumpingpreise im Lebensmittelhandel vorgehen.
Wir wollen Junglandwirt*innen und Neueinsteiger*innen unterstützen und Maßnahmen
gegen Bodenspe- kulation und den Ausverkauf ländlicher Fläche ergreifen. Dazu
gehört, dass wir die Flächen der bundeseigenen BVVG in eine Bundesstiftung
überführen, die die Flächen vorzugsweise an kleinere Betriebe statt an große
Investoren verpachtet. Auch in der Lebensmittelerzeugung und verarbeitung müssen
faire Bedingungen herrschen. Ein besserer Arbeits- und Gesundheits- schutz für
Beschäftigte in Landwirtschaft und Fleischindustrie ebenso wie mehr Rechte für
die Arbeitnehmer*innen, tarifliche Löhne und starke Gewerkschaften sind
notwendig.
Regionale Vermarktung stärken
Der Wunsch, wieder mehr regional und handwerklich erzeugte Lebensmittel zu
kaufen, beim Bäcker, in der Metzgerei, auf dem Bauernhof, wächst stetig. Wir
wollen die regionale Erzeu- gung und Vermarktung stärken und so dem
Betriebssterben der letzten Jahre entgegentreten. Wir unterstützen
Regionalsiegel und Direktvermarktungen der Betriebe durch lokale Einkaufs- Apps
und Regionalwerbung und sorgen mit einer klaren Definition von regionalen
Produkten für Schutz vor Betrug. Öffentliche Fördergelder sollen vorrangig den
kleinen und mittleren bäuerlichen Betrieben und Handwerker*innen zugutekommen.
Forschung und Beratung zur Regionalvermarktung, innovative und partizipative
Ansätze wie solidarische Landwirtschaft oder Ernährungsräte unterstützen wir.
Lebensmittel retten
Gesunde und ökologisch wertvolle Lebensmittel sollen allen Menschen in
Deutschland leicht zugänglich sein. Ernährungsbedingte Krankheiten aufgrund von
Fehlernährung wollen wir gezielt eindämmen. Kitas, Schulen, Krankenhäuser,
Pflegeheime, Mensen und Kantinen unter- stützen wir dabei, mehr nachhaltiges,
gesundes und regionales Essen anzubieten. Gutes Essen scheitert allzu oft an
mangelndem Angebot und Transparenz. Um das zu ändern, wollen wir die
Ernährungsindustrie in die Pflicht nehmen. Wir brauchen verbindliche
Reduktionsstrate- gien für Zucker, Salz und Fett. Für Lebensmittelwerbung, die
sich an Kinder richtet, wollen wir klare Regeln, die sich an den Kriterien der
Weltgesundheitsorganisation orientieren. Klima- schutz heißt auch, dass wir als
Gesellschaft weniger tierische Produkte produzieren und kon- sumieren werden.
Wir wollen vegetarische und vegane Ernährung attraktiver und zugänglich für alle
Menschen machen. Pflanzliche Milchalternativen sollen steuerlich mit
Milchprodukten gleichgestellt und mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz
verkauft werden. Auch gegen die Lebensmittelverschwendung gehen wir vor. Wir
wollen mit einem Rettet-die-Lebensmittel-Ge- setz verbindliche Reduktionsziele
einführen, Lebensmittelhandel und -produzenten verpflich- ten, genusstaugliche
Lebensmittel weiterzugeben statt wegzuwerfen. Lebensmittel aus dem Müll zu
retten – das sogenannte Containern – muss entkriminalisiert werden.
Klare Lebensmittelkennzeichnung
Gutes, nachhaltiges und gesundes Essen soll leicht zu erkennen sein. Mit
verständlichen Infor- mationen über Zutaten, Herkunft und Herstellung wollen wir
für die nötige Transparenz sor- gen. Wir werden daher eine verpflichtende
Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch und andere tierische Produkte einführen.
Die Nährwertkennzeichnung Nutriscore wollen wir ausbauen und europaweit für alle
Fertigprodukte anwenden. Außerdem wollen wir die Transparenz über die Herkunft
von Lebensmitteln verbessern. Transparenz muss auch bei der Lebensmittelhygiene
gelten, deshalb sollen die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen in Form eines
Hygienebaro- meters für alle erkennbar sein.
IN DIE ZUKUNFT WIRTSCHAFTEN
Klimaneutralität ist die große Chance für den Industriestandort Deutschland.
Grüne Technolo- gien aus Deutschland werden weltweit nachgefragt. Beim
erneuerbaren Wasserstoff sind wir Europäer*innen noch führend. Für große Teile
der deutschen Industrie ist das Pariser Klimaab- kommen fester Bestandteil der
Planungen geworden, unternehmerische Investitionsstrategien sind auf Klimaschutz
ausgerichtet. Die meisten wissen, dass die Märkte der Zukunft klimaneutral sind.
Und sie wissen: Deutschland kann so viel mehr. In den Unternehmen, den Köpfen
und den Strukturen stecken die Innovationskraft und der Wille, in die Zukunft zu
wirtschaften. Wir sehen, mit welcher Agilität Unternehmer*innen neue Ideen und
Geschäftsmodelle entwickeln. Und wir sind überzeugt, dass das freie und kreative
Handeln, die Dynamik eines fairen Wettbewerbs, die Stärke von gesellschaftlicher
Kooperation innovativ Probleme löst.
Allerdings steht die deutsche und europäische Wirtschaft unter großem Druck:
Unser Industrie- land muss sich im globalen Wettbewerb mit autoritärem
Staatskapitalismus und weitgehend un- regulierten Tech-Giganten behaupten. Die
Pandemie hat viele Wirtschaftszweige hart getroffen, einige Sektoren hatten
schon zuvor die Transformation verschlafen. Die Klimakrise und die End- lichkeit
von Ressourcen verlangen ein Umsteuern. Zugleich ist unser Verständnis von dem,
was Wohlstand ist, im Wandel. Menschen bezweifeln zunehmend, dass ein blindes
Wachstum, das zu großen sozialen und ökologischen Problemen führt, richtig ist.
Wenn wir es jetzt aber klug an- stellen, können wir unser Wirtschafts- und
Finanzsystem neu eichen. Wir können eine sozial-öko- logische Marktwirtschaft in
Europa begründen, die Wohlstand und Wachstum mit Nachhaltigkeit und
Gerechtigkeit versöhnt und den Menschen dient. Sie ist Ausgangspunkt für eine
neue wirt- schaftliche Dynamik, die zukunftsfähige Jobs schafft, Lebensqualität
sichert und uns Menschen freie Entfaltung ermöglicht und einen klimagerechten
Wohlstand schaffen kann.
Dafür ist eine Politik nötig, die will, die nach vorne führt und verlässlich
steuert. Nicht, weil der Staat besser wirtschaften kann, sondern weil die
Wirtschaft klare Verhältnisse, verlässliche poli- tische Rahmenbedingungen und
Anreize braucht. Nur dann haben Unternehmen Planungssicher- heit und wissen,
dass sich klimaneutrales, nachhaltiges Wirtschaften lohnt.
Ungeregelte Märkte können sehr viel zerstören. Wenn wir Märkte aber nachhaltig
und sozial ge- stalten, können sie mit ihrer Wucht Innovationen entfachen, die
wir für die Transformation brau- chen. Damit das gelingt, stellen wir die
Weichen konsequent auf Klimaneutralität und ermög- lichen der Wirtschaft neue
Spielräume innerhalb der planetaren Grenzen. Wir schaffen Anreize, streichen
umweltschädliche Subventionen und setzen ordnungspolitische Regeln, um
nachhaltig zu produzieren, zu handeln und zu konsumieren. Wir geben dem Wachstum
eine Richtung und bemessen Wohlstand neu. Wir starten eine umfassende
Investitionsoffensive, öffentlich wie pri- vat, um dem immensen Investitionsstau
in unserem Land zu begegnen und Klimaschutz, Digitali- sierung und Bildung
deutlich zu stärken. Dafür setzen wir auf eine vorsorgende Haushaltspolitik. Wir
gehen die Ungerechtigkeiten im Steuersystem entschlossen an und sorgen dafür,
dass sich sehr wohlhabende und reiche Menschen und große Konzerne ihrer
Verantwortung stärker stel- len. Globale Konzerne sollen nicht mächtiger sein
als Staaten – es gilt das Primat der demo- kratischen Politik zu behaupten. Hohe
Einkommen und Vermögen sollen mehr zur Finanzierung unseres Gemeinwesens
beitragen, denn Gesellschaften, in denen die Ungleichheit gering ist, sind
zufriedenere Gesellschaften.
Wirtschafts- und Finanzpolitik muss europäisch gemacht werden. Als
Europäer*innen können wir mit unserem starken gemeinsamen Binnenmarkt
internationale Standards setzen und Innova- tionen vorantreiben. Solange es
Wettbewerbsverzerrung gibt, braucht es auch den Schutz des europäischen Marktes
und vor allem der kritischen Infrastruktur. Zugleich setzen wir uns für eine
gemeinsame strategische Außenwirtschaftspolitik ein, die Fairness zu einem Gebot
des interna- tionalen Wettbewerbs und des freien Welthandels macht und weltweit
nachhaltiges Wirtschaf- ten befördert. Als Europäer*innen investieren wir
gemeinsam in Klimaschutz, Forschung und den Wohlstand der Zukunft, den Weg dahin
bereit ein Green New Deal. In einer Bundesregierung werden wir alles dafür tun,
dass die Europäische Union der erste CO2-freie Wirtschaftsraum wird. Mit all
diesem legen wir die Grundlagen dafür, dass Deutschland und Europa erfolgreiche
In- dustriestandorte mit hoher Wertschöpfung, starkem Sozialstaat und guten
Arbeitsplätzen blei- ben. Dafür, dass notwendige Innovationen in Europa
entwickelt und marktfähig werden, dass zu- kunftsfähige neue Jobs im Handwerk,
bei Start-ups und in der Dienstleistungsbranche entstehen – in traditionsreichen
und innovativen Industrieunternehmen, im Maschinenbau, in kleinen und
mittelständischen Betrieben. Wir wollen, dass Deutschland und Europa auch bei
neuen Techno- logien die Spitze beanspruchen – seien es E-Autos, saubere
Batterien, Quantencomputer, Künstli- che Intelligenz oder moderne
Biotechnologie. Mit einer aktiven Wirtschafts- und Industriepolitik zeigen wir
eine Richtung auf und bieten zukunftsfähigen Unternehmen gute Bedingungen. So
machen wir aus der Marke „Made in Germany“ ein Gütesiegel für zukunftsfähige
Industrie in einem klimaneutralen Europa.
Klimaschutztechnologien made in Germany
Der globale Wettbewerb um die Technologien von morgen ist in vollem Gange. Made
in Ger- many soll zukünftig nicht nur für Qualität, sondern noch stärker für
nachhaltige und innovative Produkte und Prozesse stehen. Digitalisierung und
Klimaneutralität müssen Staat und Unter- nehmen gemeinsam in Angriff nehmen.
Während der Staat mehr öffentliche Investitionen rea- lisiert, wollen wir
zugleich Anreize für mehr Investitionen durch Unternehmen setzen. Dafür
erweitern wir zielgerichtet die Spielräume für die Unternehmen: Investitionen
sollen zeitlich befristet degressiv mit mindestens 25 Prozent abgeschrieben
werden können. Die steuerliche Förderung von Forschung für KMU erhöhen wir.
Öffentliche Investitionszuschüsse sollen gera- de bei neuen Technologien eine
Starthilfe geben; Klimaverträge helfen, dauerhafte Planungs- sicherheit für
langfristige Klimaschutzinvestitionen zu geben.
Fairer Wettbewerb um klimaneutrale Industrietechnologien
Die energieintensiven Industrien – Stahl, Zement, Chemie – stehen für 15 Prozent
des deut- schen CO2-Ausstoßes. Zugleich bieten sie hunderttausende gute
Arbeitsplätze und sind eben- so Eckpfeiler unseres Wohlstandes. Wir wollen diese
Industrien zum Technologievorreiter bei der Entwicklung klimaneutraler Prozesse
machen. Der Maschinenbau kann beim weltweiten Einsatz grüner Technologien „made
in Germany“ eine Schlüsselrolle einnehmen. So bekämpfen wir die Klimakrise und
tragen zur Sicherung des deutschen Industriestandorts bei. Mit Inves-
titionszuschüssen und einer degressiven Abschreibung fördern wir direkt die
Transformation. Mit dem Abbau von Hürden bei der grünen Eigenstromversorgung
treiben wir die Dekarboni- sierung der Prozesse voran. Klimaverträge (Carbon
Contract for Difference), die die Differenz zwischen dem aktuellen CO2-Preis und
den tatsächlichen CO2-Vermeidungskosten erstatten, sorgen für
Investitionssicherheit. Und mit Quoten für den Anteil CO2-neutraler Grundstoffe
schaffen wir Leitmärkte für CO2-freie Produkte. In der Chemieindustrie wollen
wir die Trans- formation weg von Öl und Plastik hin zu nachwachsenden Rohstoffen
voranbringen.
Automobilindustrie im Aufbruch
Die Automobilindustrie steht vor gewaltigen Umbrüchen. Weltweit läuft der
Wettbewerb um das emissionsfreie und digitale Auto der Zukunft. Nach Jahren des
Stillstands hat sich auch die Branche in Deutschland endlich auf den Weg
gemacht. Jetzt braucht es Entschlossenheit und Zusammenarbeit, damit unsere
Autobauer in Zukunft wieder die Nase vorn haben. Klar ist: Der fossile
Verbrennungsmotor hat keine Zukunft. Wir wollen ab 2030 nur noch emissionsfreie
Au- tos neu zulassen. Wir unterstützen bei Forschung und Innovation und sichern
einen schnellen Aufbau der Ladesäuleninfrastruktur und eine weitere Förderung
des Markthochlaufs von emis- sionsfreien Fahrzeugen zu. Aktuell haben
Deutschland und Europa den Anschluss bei der Bat- teriezellenproduktion und
damit viel Wertschöpfung verloren. Das darf sich bei den Batterien der nächsten
Generation, die günstiger und ressourcensparender sind, nicht wiederholen. Wir
wollen Europa zum Weltmarktführer einer ökologischen Batteriezellenproduktion
machen, zu der ein wirksames Recyclingsystem gehört sowie die Forschung und
Entwicklung der nächsten Batteriegeneration. Dazu setzen wir auf klare Vorgaben
bei den Ökostandards und ein umfas- sendes Forschungs- und Förderprogramm. Wir
wollen zudem die besonders betroffenen Auto- regionen mit regionalen
Transformationsdialogen und -fonds unterstützen.
Europäische Halbleiterindustrie stärken
Eine erfolgreiche und weitsichtige Industriepolitik wird nur dann funktionieren,
wenn auch gesamteuropäisch gedacht wird. Gerade mit Blick auf eine nötige
sektorale Strukturförderung, wie den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur, der
Batteriezellfertigung oder Förderung der Halbleiterindustrie, ist eine
europäische Ausrichtung entscheidend. Um kritische Abhängig- keiten zu
verringern, soll die EU-Kapazität im Bereich der Halbleitertechnologie wie von
der EU-Kommission vorgeschlagen auf 20 Prozent der weltweiten Produktion
ausgebaut werden. Das gilt vor allem für die Bereiche, in denen wir bei der
Halbleitertechnologie für industrielle Anwendungen bereits eine starke
europäische Stellung haben oder in denen eine besonders dynamische zukünftige
Entwicklung zu erwarten ist. Hierzu müssen Investitionen entlang der Halbleiter-
Wertschöpfungskette erhöht werden.
Wir geben dem Markt einen sozial-ökologischen Rahmen
Den europäischen Green Deal ambitioniert gestalten
Mit dem Europäischen Green Deal hat die EU-Kommission ein Programm vorgelegt, um
die Europäische Union zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Es umfasst
Gesetzesvor- schläge in den Bereichen Klima- und Umweltschutz sowie für eine
gestärkte Wettbewerbsfä- higkeit, Energiesicherheit und Innovationsdynamik einer
dekarbonisierten europäischen Wirt- schaft. Wir setzen uns für eine
ambitionierte Ausgestaltung und eine ehrgeizige Umsetzung auf allen Ebenen ein.
Wir machen weiter Druck, damit die ökologische Wende dazu beiträgt, Ungleichheit
zu verringern. In der Landwirtschaftspolitik kämpfen wir dafür, dass die Reform
der Gemeinsamen Agrarpolitik und ihre Umsetzung unter die Ziele des Green Deal
gestellt werden, da sie immense Auswirkungen auf Umwelt- und Artenschutz
entfalten. In der Handels- politik wollen wir Umwelt- und Sozialkapitel von
zukünftigen Handelsverträgen rechtsverbind- lich und sanktionierbar machen.
Wir haushalten solide, weitsichtig und gerecht
Bundeshaushalt wird zukunftstauglich
Wir wollen den Bundeshaushalt nachhaltiger und gerechter machen. Nachhaltiger
wird er, wenn wir die umweltschädlichen Subventionen endlich beenden. Immer noch
subventionieren die öffentlichen Haushalte des Landes mit über 50 Milliarden
Euro klimaschädliches Verhal- ten, zum Beispiel mit der Subvention für Diesel
oder schwere Dienstwagen. Wir werden diese Subventionen schrittweise abbauen und
den Bundeshaushalt klimagerecht machen. In einem ersten Schritt können wir so
über 10 Milliarden Euro jährlich einnehmen und sie für die Finan- zierung von
Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit einsetzen. Für die Ausgaben des Bundes
streben wir eine Klimaquote an, die schrittweise steigen soll. Zur Finanzierung
dieser nach- haltigen Ausgaben setzen wir auf grüne Anleihen. Mit Gender-
Budgeting erreichen wir eine konsequente Berücksichtigung und Einbeziehung von
Gleichstellungsaspekten bei finanz- und haushaltspolitischen Entscheidungen. Das
macht den Haushalt gerechter.
Schuldenbremse reformieren, Investitionsregel einführen
Deutschland verfügt auch nach der Corona-Krise über tragfähige Staatsfinanzen.
Die Zinsen sind historisch niedrig, das Vertrauen in deutsche Staatsanleihen ist
hoch. Wir haben aber ein Zukunftsproblem. Die Erde erhitzt sich, die Schulen
verfallen und Deutschland gehört beim schnellen Internet zu den Schlusslichtern
der EU. Wir investieren zu wenig in unser Land. Das sind Schulden, die nicht in
den Büchern stehen, aber unseren Wohlstand gefährden. Wir wollen die
Schuldenbremse im Grundgesetz zeitgemäß gestalten – um die so dringenden
Investitio- nen zu ermöglichen. Bei konsumtiven Ausgaben bleibt es bei den
derzeitigen strikten Regelun- gen; bei Investitionen, die neues öffentliches
Vermögen schaffen, erlauben wir eine begrenzte Kreditaufnahme. So schaffen wir
öffentliches Vermögen, das uns allen gehört, denn die Rendite öffentlicher
Investitionen ist hoch, während der Bund keine Zinsen für seine Kredite bezahlt.
Das schafft ein hohes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, das sicherstellt,
dass unsere Schulden im Verhältnis zur Wirtschaftskraft weiter abnehmen. Die
kluge Unternehmerin spart nicht, sie investiert. Der kluge Staat tut es ihr
gleich.
INTERNATIONAL ZUSAMMENARBEITEN
Die großen Herausforderungen unserer Zeit sind global: Pandemien, die
Klimakrise, Hunger, Mig- ration und die sozial-ökologische Transformation als
besondere Aufgabe. Wir können sie nur ge- meinsam meistern. Jahrelang hat
Deutschland in Europa und der Welt aber allenfalls moderiert, oft gezögert, ist
abgetaucht. Es ist Zeit, wieder eine aktive Außenpolitik zu betreiben und als
ge- staltende Kraft voranzugehen im Sinne einer multilateralen und vorsorgenden,
einer kohärenten und wertegeleiteten Politik – stets europäisch und entlang
einer verlässlichen deutsch-französi- schen Zusammenarbeit, transatlantisch und
im Rahmen der Vereinten Nationen.
Gestützt auf die Agenda der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, das
Pariser Kli- maabkommen und die rechtebasierte internationale Ordnung setzen wir
uns für eine globale Strukturpolitik ein, die den Schutz öffentlicher Güter,
eine gerechte Ressourcenverteilung sowie Entwicklungschancen für alle als beste
Vorsorge gegen Konflikte, Gewalt oder das unermessliche Leid von Flucht und
Vertreibung begreift.
Ausgangspunkt unserer Politik ist eine gestärkte und handlungsfähige Europäische
Union. Die Werte, auf denen sie gründet, wollen wir nach innen verteidigen und
nach außen beherzt vertre- ten: Menschenrechte, Demokratie, Freiheit und
Rechtsstaatlichkeit. Die EU als Friedensmacht ist nicht nur Antwort auf eine
lange und schmerzvolle Geschichte von Kriegen und Feindseligkeiten auf unserem
Kontinent, exportiert in die ganze Welt, sondern vor allem ein
Zukunftsversprechen, das es einzulösen gilt. Sie ist unser schützenswertes und
einmaliges Zuhause. Gerade weil wir überzeugte Europäer*innen sind, streiten wir
für ihre stetige Fortentwicklung. Wir arbeiten für eine europäische
Wertegemeinschaft, die ihre Abhängigkeit von Dritten in kritischen Bereichen ab-
und ihre strategische Souveränität ausbaut – in einem Gleichgewicht von
Kooperation, wo möglich, und Eigenständigkeit, wo nötig. Nur eine
handlungsfähige und krisenfeste EU ist in der Lage, kritische Infrastruktur und
öffentliche Güter zu schützen, global für das Völkerrecht und die universalen
Menschenrechte einzustehen. Mit dem größten Binnenmarkt der Welt hat die EU
wirtschaftlich erheblichen Einfluss. Diesen Hebel wollen wir nutzen, um die
globale Transforma- tion gerecht zu gestalten und ambitionierte Standards zu
setzen.
Der erheblichen Widerstände und Dilemmata, die das bedeutet, sind wir uns
bewusst. Das autori- täre Hegemonialstreben einer chinesischen Regierung, das
Menschen- und Bürger*innenrechte systematisch aushebelt, zwingt Staaten nicht
nur in wirtschaftliche und politische Abhängigkeit, sondern spaltet auch Europa.
Zugleich wird eine globale sozial-ökologische Transformation ohne China, auch
ohne Russland oder Brasilien, nicht möglich sein. Das allein zeigt: Der
Systemwett- bewerb mit autoritären Staaten und Diktaturen ist real, lässt
bisweilen nur die Wahl zwischen Regen oder Traufe – und stellt uns vor derart
beachtliche Aufgaben, dass jede Form des Allein- gangs zum Scheitern verurteilt
wäre.
Wir können die vielen Widersprüche und Grenzen außen-, entwicklungs- und
sicherheitspoliti- schen Handelns nicht auflösen. Die Verteidigung von
Menschenrechten, Demokratie und das kla- re Bekenntnis zu Freiheitsbewegungen
führen an die Grenzen politischer Handlungsfähigkeit. Wir können uns aber dieser
Verantwortung nicht entziehen. Umso zentraler ist europäische Ko- härenz und
sind politische Bündnisse mit allen anderen Staaten, aber gerade auch Regionen
und zivilgesellschaftlichen oder zwischenstaatlichen Akteuren, für die der Wert
von Kooperation und die Stärke des Rechts ebenfalls Grundlage internationaler
Beziehungen sind. Diese Bündnisse wollen wir selbstbewusst mitgestalten.
Souverän sind wir nur gemeinsam.
Wir setzen auf den ehrlichen Interessensausgleich, die Achtung der Rechte
marginalisierter Gruppen, auf Zusammenarbeit und Rechtsstaatlichkeit, auf
Konfliktprävention und regelbasierte Konfliktbearbeitung in einer eng vernetzten
Welt. Unser Ziel ist eine Weltordnung, in der Kon- flikte nicht über das Recht
des Stärkeren, sondern am Verhandlungstisch gelöst werden. Und wir reichen allen
die Hand, die daran teilhaben wollen. All das tun wir im Wissen um Deutschlands
Verantwortung in der Welt und im Bewusstsein um die Verbrechen des
Nationalsozialismus.
Als hochentwickelter und exportorientierter Industriestaat gehört Deutschland zu
den Haupt- verursachern globaler Erwärmung und agiert als entscheidender Player
einer Globalisierung, die eben nicht nur Wohlstand und Entwicklung bedeutet,
sondern auch zu Ausbeutung von Mensch und Umwelt führt. Diese Verantwortung
verstehen wir als Antrieb für ambitionierte Veränderung und entschiedenes
Handeln mit dem Ziel globaler Gerechtigkeit und setzen dafür bei uns selbst an.
Das bedeutet auch: Wir fordern die Einhaltung und den Schutz der Menschenrechte
nicht nur von anderen ein, sondern messen uns selbst daran. Menschenrechte sind
völkerrechtliche Pflicht und unverrückbare Grundlage einer wertegeleiteten
internationalen Politik.„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten
geboren“: Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Men- schenrechte ist Leitbild
unseres Engagements – auch in der europäischen Flüchtlingspolitik. Sie ist das
große Versagen Europas. In keinem anderen Bereich scheitern die europäischen
Regierun- gen derart an den eigenen Ansprüchen von Moral, Menschenrechten und
internationalem Recht. Das Versagen ist zugleich global: Nirgends auf der Welt
wird Flucht angemessen und nach klaren, menschenrechtsbasierten Prinzipien
begegnet. Diese Regeln aber gibt es, ebenso wie es immer wieder Momente in
unserer Geschichte gab, da nach ihnen gehandelt wurde. Hier wollen wir an-
knüpfen und – wenn nicht gesamteuropäisch, dann in einer humanitären Koalition
der Willigen innerhalb und außerhalb der EU – einen Paradigmenwechsel hin zur
konsequenten Vorbeugung gegen Fluchtursachen und zu einem menschenwürdigen
Umgang mit Geflüchteten vorantreiben. Wir setzen auf Rationalität und
Handlungswillen, auf Humanität und Verantwortung – und auf den unerlässlichen
Pragmatismus der Nothilfe.
Die Größe und Komplexität der internationalen Herausforderungen, die da vor uns
liegen, sollte Messlatte unseres außenpolitischen Handelns sein. Die globalen
Aufgaben sind erheblich. Wa- gen wir die entsprechenden Antworten.
Wir treiben die sozial-ökologische Transformation voran
Schubkraft für globale Transformation
Mehr denn je bedrohen Klimaveränderungen und der Verlust von Artenvielfalt
menschliche Sicherheit und Freiheit sowie die nachhaltige Entwicklung – überall
auf der Welt. Die Zeit drängt. Darum braucht es in den nächsten Jahren einen
energischen Schub für eine sozial-öko- logische Transformation. Die nachhaltigen
Entwicklungsziele der Agenda 2030 und des Kli- maabkommens von Paris waren ein
Aufbruch. Alle Länder sind seitdem verpflichtet, bei sich zu Hause anzufangen
und ihren Beitrag für die gemeinsame Aufgabe zu leisten – schließlich sind es
unsere Entscheidungen in Wirtschaft und Handel, bei Agrar- oder
Rüstungsexporten, die sich weltweit stark auf Klima, Artenschutz und globale
Gerechtigkeit auswirken. Wir wollen alle Politikbereiche in Deutschland auf die
Transformation ausrichten und einen Nachhaltig- keits- und Menschenrechts-TÜV
einführen. Es gilt unsere internationalen Zusagen einzuhalten und die
öffentlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen der ODA-Quote
sowie der internationalen Klimafinanzierung und Biodiversität zu erfüllen. Auch
internatio- nal wollen wir neuen Schwung in die sozial-ökologische
Transformation bringen, indem wir auf eine verbindliche Transformationsquote
hinwirken. Wir bündeln die Ausgaben für Entwick- lungszusammenarbeit,
internationale Klimafinanzierung und Teile der humanitären Hilfe, um eine
globale Transformation entlang den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen
und den Pariser Klimazielen zu finanzieren. Deutschlands Beitrag soll die ODA-
Quote erfüllen und bis 2025 8 Milliarden Euro zur internationalen
Klimafinanzierung bereitstellen.
Klimaaußenpolitik
Wir verfolgen eine ambitionierte, nachhaltige und menschenrechtskonforme
Klimaaußenpoli- tik. Sie ist klimapolitisch notwendig, kann nachhaltige
Entwicklung fördern, Ressourcenkon- flikten vorbeugen und Frieden sichern.
Klimaaußenpolitik kann zu einer Win-win-Situation für Europa, seine Nachbarn und
die Länder des globalen Sonnengürtels führen. Sie bedeutet zum einen, dass wir
Europäer*innen unseren Bedarf an grüner Energie durch Klimapartnerschaften
decken helfen: grüner Wasserstoff statt Öl- und Gasimporte. Andererseits werden
wir so end- lich unserer historischen Verantwortung gerecht, indem wir
Elektrifizierung und Technologie- transfers insbesondere in afrikanischen
Ländern vorantreiben und den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien in diesen
Ländern unterstützen. Nur so können wir es schaffen, global auf den 1,5-Grad-
Pfad zu kommen. Wir stärken die bestehenden Fonds für Klimaanpassung und
Klimaschutz („Adaptation and Mitigation“) und setzen uns dafür ein, dass es auch
einen Fonds zum Ausgleich von Schäden und Verlusten („Loss and Damage“) gibt.
Daraus können zum Beispiel Klimarisikoversicherungen finanziert werden.
Entwicklungs- und Investitionsban- ken wie die Weltbank sollten zu
Transformationsbanken umgebaut werden.
Klima- und Umweltschutz schützt Menschenrechte
Der Schutz der Menschenrechte verpflichtet zum Klima- und Umweltschutz,
umgekehrt schützt Klima- und Umweltschutz Menschenrechte. Wir treten für
verbindliche Mechanismen zum Schutz von Menschen ein, die aufgrund von
Extremwetterereignissen oder schleichender Um- weltveränderung ihre Heimat
verlassen müssen. Regionale Ansätze, die den Betroffenen eine selbstbestimmte
und würdevolle Migration ermöglichen, unterstützen wir. Zugleich wollen wir jene
Staaten in die Pflicht nehmen, die historisch am meisten zur Erderwärmung
beigetragen haben. Die „Task Force on Displacement“ wollen wir strukturell
stärken und setzen uns dafür ein, dass ihre Empfehlungen ebenso umgesetzt werden
wie der Globale Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration sowie
der Globale Pakt für Flüchtlinge. Initiativen zur Stär- kung des Rechtswegs und
das Instrument der Klimaklagen unterstützen wir. Die französische Initiative,
das Umweltvölkerrecht zu kodifizieren und zu konsolidieren, greifen wir auf und
ma- chen uns dafür stark, in einem ersten Schritt das Recht auf saubere Umwelt
in einer Resolution der VN-Generalversammlung zu verbriefen.
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